©inTRAlinea & Anja van de Pol-Tegge (2020).
"Der Kummer von Belgien (Hugo Claus)"
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inTRAlinea [ISSN 1827-000X] is the online translation journal of the Department of Interpreting and Translation (DIT) of the University of Bologna, Italy. This printout was generated directly from the online version of this article and can be freely distributed under Creative Commons License CC BY-NC-ND 4.0.

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Der Kummer von Belgien (Hugo Claus)

Konstruktion und Dekonstruktion von Images in deutscher Literaturübersetzung

By Anja van de Pol-Tegge (Vrije Universiteit Brussel (VUB), Belgium)

Abstract & Keywords

English:

Literary translations often seem to be reinterpreted due to certain cultural images of the translator, editor or other relevant decision makers. This case study therefore goes beyond the level of the text and illustrates the influence of the target culture on translation products. In two different German translations of the masterpiece by Belgian author Hugo Claus, underlying stereotypes are traced back through context and intertext.

German:

Literaturübersetzungen scheinen oftmals neuinterpretiert zu werden aufgrund bestimmter kultureller Vorstellungen des Übersetzers, Lektors oder anderer relevanter Entscheidungsträger. Diese Fallstudie geht daher über die Ebene des Textes hinaus und verdeutlicht den Einfluss der Zielkultur auf das Übersetzungsprodukt. In zwei verschiedenen deutschen Übersetzungen des Meisterwerks des belgischen Autors Hugo Claus werden zugrundeliegende Stereotypen anhand von Kontext und Intertext zurückverfolgt.

Keywords: imagology, translation strategy, multilingualism, ethics in translation

1. Einführung

Literaturübersetzungen werden für den deutschen Buchmarkt Jahr für Jahr in großer Zahl produziert. Ein kurzer Blick in die Buchhandlungen genügt, um sich einen Eindruck vom quantitativen Ausmaß zu verschaffen. Allein im Jahr 2017 wurden laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels rund 10.000 neue Titel ins Deutsche übertragen und veröffentlicht.[1] Die Leser betrachten es bei dieser Internationalisierung von Literatur in der Regel als selbstverständlich, dass sich aus jedem Original ohne Weiteres eine gleichwertige Übersetzung ergibt, was jedoch eine grundlegend falsche Annahme ist: Übersetzung findet immer in einem sozialen Raum statt (vgl. Wolf 2010), sodass am Übersetzungsprozess Beteiligte, wie Übersetzer, Lektor aber auch andere relevante Entscheidungsträger, unvermeidlich Einfluss auf das Produkt nehmen und entsprechend etwaige Vorurteile oder stereotype Vorstellungen bezüglich der Ausgangskultur einbringen, wobei auch kommerzielle Interessen ausschlaggebend sein können. Hierbei spielen vor allem traditionelle und nationale Bilder eine Rolle, sodass Literaturübersetzungen oftmals einen einseitigen oder unvollständigen Eindruck von der Ausgangskultur geben, die einem Text zugrunde liegt.

Insbesondere Literatur aus einem mehrsprachigen Land, wie beispielsweise Belgien, stellt für die Übersetzung eine Herausforderung dar, da sie nicht der traditionellen Vorstellung von Nationalliteratur im Sinne von Einsprachigkeit entspricht. In Anbetracht der zunehmenden Abgrenzung frankophoner und flämischer Kultur in Belgien auf allen Ebenen der Gesellschaft, die seit den 1980er-Jahren auch institutionell abgebildet ist, erscheint es geboten, von „Literaturen in Belgien“ zu sprechen und zwar sowohl in französischer als auch in niederländischer Sprache statt von „belgischer Literatur“ (vgl. De Geest & Meylaerts 2004). Der sich aus Mehrsprachigkeit und Einsprachigkeit ergebende Widerspruch macht deutlich, dass gute Literaturübersetzung eine umfassende Kenntnis der komplexen politischen, sozialen und kulturellen Strukturen der jeweiligen Ausgangskultur erfordert. Darüber hinaus kann sich auch die Erwartungshaltung des Lesepublikums in der Zielkultur ganz erheblich von derjenigen der Ausgangskultur unterscheiden. Aus dieser Problematik ergeben sich eine Reihe wichtiger Fragen: Inwieweit wird Literatur aus Belgien bei der Übersetzung ins Deutsche fehlinterpretiert? Wird in Übersetzungen sogar mit Absicht vom Originaltext abgewichen, um die Erwartungen des Zielpublikums zu erfüllen?

Gerade der Titel eines Romans wird im Zieltext oftmals geändert und kann somit bereits Hinweise auf bestimmte klischeehafte Bilder geben, die dem Übersetzungsprozesses zugrunde liegen. Ein Paradebeispiel hierfür liefern die beiden deutschen Übersetzungen des 1983 erschienen Romans Het verdriet van België, dem Meisterwerk des niederländischsprachigen belgischen Erfolgsautors Hugo Claus (1929-2008). Das komplexe autobiographisch geprägte Werk entspricht einer Familienchronik, die aus der Perspektive von Louis Seynaeve, einem sehr klug beobachtenden flämischen Jungen, beschrieben wird. Das Buch schildert die gesellschaftliche Situation in Belgien in den Jahren 1939 bis 1947. Schauplätze der Handlung sind eine katholische Klosterschule und die enge Gemeinschaft einer flämischen Provinzstadt. Das Werk ist einerseits ein Bildungsroman in Bezug auf seinen schriftstellerisch begabten Protagonisten und andererseits ein Schlüsselroman über die flämische Mittelschicht im betrachteten Zeitraum. Während es Louis gelingt, religiöse und soziale Zwänge zu überwinden und seiner Berufung als Autor zu folgen, verstrickt sich seine Familie immer mehr in die Kollaboration während des Zweiten Weltkriegs. Das Werk wurde erstmalig 1986 unter dem Titel Der Kummer von Flandern (Klett-Cotta, Stuttgart, 1986, 664 Seiten, in einer Übersetzung von Johannes Piron) auf Deutsch publiziert. 2008 wurde eine neue deutsche Übersetzung herausgegeben, die dem Original folgt und den Titel Der Kummer von Belgien (Klett-Cotta, Stuttgart, 2016 [2008], 821 Seiten, in einer Übersetzung von Waltraud Hüsmert)[2] verwendet. Es ist offensichtlich, dass den beiden Übersetzungen jeweils sehr unterschiedliche Strategien zugrunde liegen, die es zur Beantwortung der o.a. Fragen im Rahmen dieser Fallstudie zu untersuchen gilt. Hierfür wird auf das programmatische Modell der Imagologie (Dyserinck 1991; Beller & Leerssen 2007; van Doorslaer, Flynn & Leerssen 2016) zurückgegriffen, um den Einfluss der Zielkultur auf die Übersetzungen zu erfassen. 

2. Kontext und Intertext

Ein Text, der übersetzt wird, verlässt gezwungenermaßen seinen ursprünglichen Kontext und wird gewissermaßen ganz auf sich allein gestellt in einen anderen Kontext hineinkatapultiert. „Le fait que les textes circulent sans leur contexte“ führt daher unausweichlich zu Fehlinterpretationen (Bourdieu 2002: 4). Entsprechend nimmt der Verfasser eines Textes, der vielleicht eine Autorität im eigenen Land darstellt, diese kulturelle Stellung nicht automatisch mit in die Zielkultur, sondern kann sich dort eventuell mit einem Status weitgehender Unbekanntheit konfrontiert sehen. Dies gilt auch für den innovativen Hugo Claus, der in Belgien eine Art nationales Symbol der Literatur darstellt und als Kandidat für den Nobelpreis gehandelt wurde, im deutschen Sprachraum bis Mitte der 1980er-Jahre hingegen nur einen relativ geringen Bekanntheitsgrad genoss (vgl. Van Uffelen 1993: 452).

Was für den Autoren von Het verdriet van België im neuen Kontext gilt, trifft ebenfalls auf die Thematik des Werks zu. Das Buch ist im Grunde ein Spiegelbild der komplexen soziolinguistischen und historischen Realität in Belgien, trifft jedoch in den 1980er-Jahren im deutschen Sprachraum auf ein Publikum, dem diese Hintergründe zum großen Teil sehr fremd sind. Der Zielkultur fällt es schwer, mit dem Thema Mehrsprachigkeit umzugehen und sich in die Sprachenproblematik in Belgien hineinzudenken. Gerade in Deutschland als Ursprungsland des „Herder-Effekts“[3] (Casanova 1999: 156) ist die Vorstellung von einer auf Einsprachigkeit basierenden Kultur tief verankert, sodass Abweichungen hiervon als eher sonderbar wahrgenommen werden. Das Konzept „Belgien“, also eines mehrsprachigen Nationalstaats, ist vor diesem Hintergrund grundsätzlich schlecht vermittelbar. Das Konzept „Flandern“ hingegen entspricht eher den Erwartungen des Zielpublikums und bedient in Deutschland zudem ein historisch gewachsenes Image.

Die junge belgische Nation, die nach ihrer Gründung 1830 auf der Suche nach einer eigenen kulturellen Identität war, bemühte sich im 19. Jahrhundert insbesondere um eine Abgrenzung zu Frankreich und betonte daher ganz bewusst neben der romanischen ihre germanische kulturelle Komponente (vgl. Verschaffel 2007: 112). Dieses „auto-image“ wurde vor allem in der belgischen Literatur abgebildet, beispielsweise in den historischen Romanen von Hendrik Conscience (1812-1883) und insbesondere in seinem berühmten Buch De leeuw van Vlaanderen (Der Löwe von Flandern). Die deutschen Übersetzungen dieser Werke erfuhren während der Zeit der Romantik einen immensen Erfolg und trugen so zu einem „hetero-image“ bei, das Belgien eher mit Flandern assoziiert. Auch die auf Französisch schreibenden belgischen Symbolisten – beispielsweise der Nobelpreisträger Maurice Maeterlinck (1862-1949) ‒ betonten das flämische Element in ihrem Werk (vgl. Klinkenberg 1981: 43).

Im 20. Jahrhundert avancierten Felix Timmermans (1886-1947) und Stijn Streuvels (1871-1962) zu erfolgreichen flämischen Autoren in deutscher Übersetzung (vgl. de Vin 1987: 35-7; 45f.). Werke traditioneller flämischer Autoren wurden von den Nationalsozialisten systematisch für Propagandazwecke instrumentalisiert. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieben deutsche Leser naturalistischer flämischer Literatur treu (Van Uffelen 1993: 405ff.), die weiterhin aktiv durch den deutschen Übersetzer Georg Hermanowski (1918-1993) bis Ende der 1960er-Jahre vermittelt wurde (Van Uffelen 1993: 416ff.). Insgesamt betrachtet verfestigte sich beim deutschen Lesepublikum ein nachhaltiges und positiv besetztes, allerdings auch eher provinzielles „hetero-image“ von „Flandern“.

Vor diesem Hintergrund konnten innovative belgische Autoren niederländischer Sprache wie Hugo Claus erst relativ spät in Deutschland auf sich aufmerksam machen und blieben dort bis in die 1980er-Jahre weithin unbekannte Größen (vgl. Van Uffelen 1993: 449). Insgesamt befand sich die Übersetzung niederländischsprachiger Werke ins Deutsche zwischen 1970 und 1980 mit lediglich 35 übersetzten Titeln an einem Tiefpunkt (Salverda 1985: 21). Dies erklärt die Motivation des deutschen Verlags, das traditionelle und auf dem deutschen Buchmarkt in der Vergangenheit erfolgreiche Image von „Flandern“ in der Übersetzung von 1986 zu aktivieren:

Schließlich wurde auch auf die alte deutsche Zuneigung zu Flandern angespielt, indem das Buch nicht, wie es dem niederländischen Titel entsprochen hätte, den Titel Der Kummer von Belgien erhielt, sondern werbewirksamer zum Kummer von Flandern umgetauft wurde. (Van Uffelen 1993: 451)

Mit dem Titel Der Kummer von Flandern wurde der dem Publikum wenig bekannte Autor Claus mit einem vertrauten Image verknüpft, um die Absatzmöglichkeiten auf dem deutschen Buchmarkt zu steigern. Mit dem Image „Flandern“ konnte zudem der oben beschriebenen Erwartungshaltung des deutschen Publikums entsprochen und im Titel eine Deckungsgleichheit von Gesellschaft, Sprache und Literatur im Sinne einer traditionellen Vorstellung von Nationalliteratur hergestellt werden. Hierzu ist auch anzumerken, dass Belgien als nationaler Kulturraum auf dem internationalen Buchmarkt allgemein in keiner Weise in Erscheinung tritt und entsprechend eine Vermarktung des Konzepts „Belgien“ für Verlage grundsätzlich schwierig ist.

Im Jahre 2008, zur Zeit des Erscheinens der deutschen Neuübersetzung von Het verdriet van België, ergab sich für den Text wiederum ein neuer Kontext. Seit Gründung der Niederländischen Sprachunion (Nederlandse Taalunie) im Jahre 1980 war insbesondere die Übersetzung junger niederländischsprachiger Autoren ins Deutsche gefördert worden, wobei diese allgemein eine positive Rezeption erfahren hatten. Insbesondere auch die Gründung des Flämischen Literaturfonds (Vlaams Fonds voor de Letterkunde) im Jahre 2000 trug dazu bei, dass flämische Autoren auf dem deutschen Buchmarkt wesentlich stärker präsent waren. Dies führte dazu, dass sich das deutsche Publikum insgesamt erheblich aufgeschlossener für moderne niederländischsprachige Literatur zeigte und entsprechend auch weniger Berührungsängste mit dem Autoren Hugo Claus hatte. Traditionelle und als nicht mehr zeitgemäß wahrgenommene flämische Autoren spielten auf dem deutschen Buchmarkt inzwischen nur noch eine sehr untergeordnete Rolle, sodass sich über Intertexte der Literaturübersetzung beim deutschen Leser allgemein ein neues, allerdings nicht klar umrissenes Bild von Flandern entwickelt hatte.

Politische und wirtschaftliche Entwicklungen hatten 2008 ebenfalls zu einer Veränderung des Kontextes beigetragen. So hatte beispielsweise die enge Zusammenarbeit von Staaten innerhalb der Europäischen Union zu einer größeren Sichtbarkeit Belgiens geführt. Europäisierung und Globalisierung hatten insgesamt das Interesse an anderen Kulturen und damit auch an sprachlicher Diversität erhöht. In der Folge war allgemein von einer größeren Bereitschaft des deutschen Publikums auszugehen, sich mit Problematiken mehrsprachiger Staaten auseinanderzusetzen, wobei das Wissen über Belgien jedoch vage blieb. Auch nach dem Umbau Belgiens in einen Föderalstaat seit den 1970er-Jahren und zahlreichen damit verbundenen Verfassungsreformen erscheinen die Konzepte „Belgien“ und „Flandern“ für das deutsche Publikum bis heute widersprüchlich und erklärungsbedürftig (vgl. Bischoff, Jahr, Mrowka & Thiel 2018: 7-10).

Es ist davon auszugehen, dass das deutsche Zielpublikum im Jahre 2008 an näheren Informationen zu Belgien bzw. Flandern interessiert war, um die gesellschaftlichen Strukturen des Nachbarlands und Partners in Europa besser verstehen zu können, weshalb eine Neuübersetzung überhaupt wohl notwendig wurde. Eine weitere nicht zu unterschätzende Rahmenbedingung des neuen Kontextes bestand auch darin, dass die Neuübersetzung massiv mit Mitteln des Flämischen Literaturfonds gefördert wurde, wodurch Verlag und Übersetzer auch stärker an die Ausgangskultur gebunden und damit quasi verpflichtet wurden, den zugrunde liegenden Strukturen in Belgien sorgfältig nachzuspüren. Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2016, auf der Flandern und die Niederlande mit dem Motto „Dies ist, was wir teilen“ nach 1993 zum zweiten Mal gemeinsam als Ehrengast auftraten, wurde die Übersetzung von 2008 mit einer veränderten Ausstattung des Buches neu präsentiert. Hierdurch stellte sich wiederum ein verwirrender kultureller Kontext dar, der beim Zielpublikum in Bezug auf den EU-Partner Belgien und seine Rolle in der „niederländischen Literatur“[4] eventuell aber auch Neugierde erzeugte.

3. Der Kummer im Wandel der Zeit

Aufgrund seines stark autobiographischen Charakters stellt Het verdriet van België ein wichtiges Zeitdokument dar, das allgemein als eine Aufzeichnung authentischer Beobachtungen und Erfahrungen des Autors Hugo Claus während des betrachteten Zeitraums verstanden werden muss. Claus hielt insbesondere Erlebnisse mit seiner Familie in Tagebüchern fest (vgl. Wildemeersch 2018), auf die er für sein Meisterwerk wahrscheinlich in hohem Maße zurückgriff. Der Protagonist Louis fungiert im Roman somit stellvertretend für Claus als Zeitzeuge, der zwar aus einer subjektiven Perspektive heraus erzählt, dessen Bericht aber dennoch repräsentative Aussagekraft für Belgien besitzt.

Leitmotiv

Durch die der ersten Übersetzung zugrunde liegenden Entscheidung, den Titel in Der Kummer von Flandern zu ändern, wird von Beginn an die Perspektive des Lesers von Belgien auf Flandern verengt, was noch weiter dadurch verstärkt wird, dass der Originaltitel Het verdriet van België im Roman als eine Art Motto fungiert und dem Leser an vielen Stellen wiederbegegnet. Durch die Verknüpfung der Schlüsselbegriffe „verdriet“ und „België“ wird ein durchgängiges Bedeutungsgewebe geschaffen, das bereits im Inhaltsverzeichnis des Buchs (Tabelle 1) zum Ausdruck kommt:

Original (1983)

 

Übersetzung 1986

Übersetzung 2016 [2008]

Deel I: Het verdriet

Erster Teil: Der Kummer

Erster Teil: DER KUMMER

Deel II: van België

Zweiter Teil: Von Flandern

Zweiter Teil: VON BELGIEN

Tabelle 1: Inhaltsverzeichnis

Die Änderung des Titels in der ersten Übersetzung erzeugt somit auch ein neues Bedeutungsgewebe für das ganze Buch. Die Ersetzung von „Belgien“ durch „Flandern“ führt dazu, dass wesentliche Themen des Romans wie Besatzung und Kollaboration, die in ihrem Ausmaß tatsächlich das ganze Land betrafen, nur mit der nördlichen Hälfte Belgiens in Bezug gebracht werden und hierdurch eine andere Dimension erhalten. Während das NS-Regime den „germanischen Brüdern“ in Flandern wie im Buch beschrieben mit Wohlwollen begegnete, hatten die „romanischen Wallonen“ im Süden schwere Repressionen zu erleiden (vgl. Denis & Klinkenberg 2005: 195). Die Fokussierung auf Flandern in der ersten Übersetzung verhindert jedoch, dass die Gesamtsituation der Besatzung in Belgien beim Leser ins Bewusstsein rückt. Auch der Tatbestand der Kollaboration wird hierdurch verharmlost, da vor allem der Verrat an den Landsleuten im Süden Belgiens verdrängt wird. Ebenfalls wird auf diese Weise ausgeblendet, dass auch in der Wallonie einzelne Gruppierungen mit den Nationalsozialisten kollaborierten.

Die folgenden Textpassagen machen deutlich, wie notorisch der neue Titel Der Kummer von Flandern im Gesamttext der ersten Übersetzung als Motto umgesetzt wird (siehe Tabelle 2). In den meisten Fällen ist dies möglich, ohne beim Leser sprachliche Irritationen oder direkte Unstimmigkeiten im Sinnzusammenhang zu erzeugen:

Original 1983

(S. 225)

Übersetzung 1986

(S. 214)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 248)

Het was schreien of kletsen geven in die tijd, en in die tijd kon ik niet schreien, het was lijk dat ik al het verdriet van België over mij liet komen.

Damals konnte ich einfach nicht weinen, und es war so, als müßte ich den ganzen Kummer von Flandern tragen.

Damals musste ich entweder weinen oder meine Kinder schlagen, und weinen konnte ich in der Zeit nicht, es war so, als hätte ich den ganzen Kummer von Belgien auf mich genommen.

 (S. 650)

(S. 608)

(S. 739)

’Want hier is toch alleen maar verdriet te verwachten,’ zei zij.

‘Het verdriet van België,’ zei Papa.

„Hier ist doch nur Kummer zu erwarten“, sagte sie.

„Der ganze Kummer von Flandern“, sagte Papa.

„Hier erwartet uns doch nur Kummer“, sagte sie.

„Der Kummer von Belgien“, sagte Papa.

Tabelle 2: Leitmotiv im Text.1

Vor allem in Textstellen am Ende des Romans offenbart sich jedoch, wie widersprüchlich und unangemessen diese Übersetzung tatsächlich ist (Tabelle 3):

Original 1983

(S. 698)

Übersetzung 1986

(S. 649f.)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 794f.)

Het verdriet, door Louis Seynaeve, las de man met een basstem alsof hij een luisterspel aankondigde in de radio.

[…]

‘Het is een goed onderwerp. Het Belgische volk moet de feiten leren. Van de bron zelf.’

Der Kummer, von Louis Seynaeve, las der Mann mit einer Baßstimme, als kündigte er ein Hörspiel im Radio an.

[…]

„Das ist ein wichtiges Thema. Das belgische Volk muß die Tatsachen kennenlernen. Aus erster Quelle.“

Der Kummer, von Louis Seynaeve, las der Mann mit einer Bassstimme als kündigte er ein Hörspiel im Radio an.

[…]

„Ein wichtiges Thema. Das belgische Volk muss die Tatsachen erfahren. Aus erster Hand.“

Tabelle 3: Leitmotiv im Text.2

Die beiden Schlüsselbegriffe „verdriet“ und „België“ werden in dieser Passage erneut miteinander kombiniert, allerdings nicht direkt in einem Ausdruck, sondern im Rahmen eines Dialogs. Diesmal verzichtet die erste deutsche Übersetzung darauf, „belgisch“ durch „flämisch“ zu ersetzen, da durch den Sinnzusammenhang offensichtlich ist, dass nur das gesamte belgische Volk gemeint sein kann. Hierdurch wird jedoch die Kohäsion des Textes erheblich gestört angesichts des ansonsten allgemeinen Übergangs zu „Der Kummer von Flandern“. Dies wird insbesondere auch in der folgenden Textstelle (Tabelle 4) deutlich:

Original 1983

(S. 699)

Übersetzung 1986

(S. 651)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 796)

Het verdriet, dat is een goeie titel. Aan de andere kant… Mankeert er iets aan. Het is… het is… zo kaal. Iedereen heeft verdriet. Waarom noemt ge het niet Verdriet om het Vaderland. […]’

[…] ‘Of gewoon simpelweg Het verdriet van België. Twee doffe e’s en twee ie’s. In het Engels: The sorrow of Belgium. […]’

 

Der Kummer, das ist ein guter Titel. Andererseits… Es fehlt da etwas. Es klingt … es klingt … ein bißchen nichtssagend. Jeder hat Kummer. Warum nennen Sie es nicht Der Kummer um mein Vaterland. […]“

[…] Oder einfach, ganz schlicht. Der Kummer von Flandern. Auf englisch: The Sorrow of Belgium. […]”

 

Der Kummer, das ist ein guter Titel. Andererseits … irgendwas fehlt. Es ist … es ist … so kahl. Jeder Mensch hat Kummer. Warum nennen Sie es nicht Kummer ums Vaterland. […]“

[…]

„Oder schlicht und einfach Der Kummer von Belgien. Auf Englisch: The sorrow of Belgium. […]”

 

Tabelle 4: Leitmotiv im Text.3

Im Original werden die Begriffe „verdriet“ und „België“ (=„vaderland“) eindeutig miteinander verknüpft, was vom Autoren durch Hinzufügen der englischen Übersetzung „The sorrow of Belgium“ nochmals ausdrücklich betont wird. In der ersten Übersetzung wird „België“ wieder notorisch durch „Flandern“ ersetzt; die Kombination von „Der Kummer von Flandern“ mit „The Sorrow of Belgium“ erscheint jedoch sehr eigenartig und ergibt keinen Sinn. Es zeigt sich hier, dass der Übersetzer für die Übertragung aus dem Niederländischen ins Deutsche einer vorgegebenen Strategie folgt, sich beim Englischen hieran aber offensichtlich nicht gebunden fühlt.

Insgesamt wird „Flandern“ (in der ersten Übersetzung das eigentliche „Vaterland“ der Flamen) durch die Kombination mit „Kummer“ in eine Opferrolle gebracht. Die flämische Bevölkerung wird in einer Art permanenter Leidenssituation dargestellt, aus der es sich zu befreien gilt. Im Sinne eines als legitim betrachteten flämischen Nationalismus werden in der ersten Übersetzung auch die folgenden Textpassagen (Tabelle 5) radikal uminterpretiert:

Original 1983

(S. 102)

Übersetzung 1986

(S. 95)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 109)

“[…] Mijnheer Seynaeve, maar gij zijt meer een katholieke flamingant.”

‚[…] Herr Seynaeve, aber Sie sind mehr ein katholischer Flame.‘

‚[…] Mijnheer Seynaeve, aber Sie sind mehr ein katholischer Flamingant.‘

(S. 603)

(S. 564)

(S. 684)

Hij zei: Een hele hoop Flaminganten zijn nog niet in het gevang.

[…] er sagte, eine Menge Flamen säßen noch im Gefängnis.

Er hat gesagt: Ein ganzer Haufen Flaminganten sind noch nicht im Gefängnis.

Tabelle 5: Flaminganten.1

„Flaminganten“, also Mitglieder der Flämischen Bewegung, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg zu einem Großteil mit der deutschen Besatzungsmacht kollaborierten, werden in der ersten Übersetzung zu unbescholtenen Flamen umgedeutet. Der Tatbestand der Kollaboration wird auf diese Weise einfach negiert. Im zweiten Beispiel werden Täter sogar bewusst zu Opfern gemacht, indem dem Leser der Eindruck vermittelt wird, flämische Bürger „säßen noch“ zu Unrecht im Gefängnis, während es im Original jedoch die kollaborierenden „Flaminganten“ sind, die „noch nicht“ im Gefängnis sind. Auch im folgenden Beispiel wird in der ersten Übersetzung „Flamingantismus“ verleugnet, indem eine ganze Textpassage (siehe Tabelle 6) weggelassen wird.

Original (1983)

(S. 699)

Übersetzung 1986

(S. 651)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 796)

 ‘Levet Scone,’ zei Louis.

‘Uitgesloten. Dat is veel te flamingantisch. Het is werkelijk het moment niet voor iets middeleeuws. Gersaint van Koekelare, onze voorzitter, zou het niet eens willen inkijken. Niet dat hij de andere manuscripten inkijkt. Maar iets dat in de verste verte naar flaminganterie riekt, daar zou hij blindelings tegenstemmen. Niet dat hij dat anders zo goed ziet. Maar zijn stem kan in geval van een draw voor dubbel tellen.’

 

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 „Levet Scone“, sagte Louis.

„Ausgeschlossen. Viel zu flamingantisch. Das ist jetzt wirklich nicht der Zeitpunkt für so etwas Mittelalterliches. Gersaint van Koekelare, unser Chefredakteur, würde nicht mal reinblicken. Nicht, dass er in die anderen Manuskripte reinblickt. Aber wenn etwas auch nur im Entferntesten nach Flamingantismus riecht, würde er ohne nachzudenken dagegen stimmen. Nicht, dass er sonst besonders viel nachdenkt. Aber seine Stimme kann bei einem Unentschieden den Ausschlag geben.“

Tabelle 6: Flaminganten.2

Nation und Sprache

Schließlich sind in der deutschen Übersetzung auch stereotype Vorstellungen von einer Nation mit einer eigenen Nationalsprache abgebildet (Tabelle 7):

Original 1983

(S. 26)

Übersetzung 1986

(S. 23)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 26)

Peter heeft een diploma van onderwijzer; jarenlang stond hij erop schoon Vlaams te spreken in alle omstandigheden […].

Der Pate hat ein Lehrerdiplom; jahrelang bestand er darauf, unter allen Umständen Hochflämisch zu sprechen […].

Er [der Pate] besitzt ein Lehrerdiplom; jahrelang bestand er darauf, in allen Lebenslagen Hochflämisch zu sprechen […].

Tabelle 7: „Hochflämisch“

In dieser Textpassage verwenden beide Übersetzungen „Hochflämisch“ als Äquivalent für „schoon Vlaams“. Flämisch existiert jedoch nicht als eine eigene Standardsprache, sondern setzt sich aus einer Reihe von Dialekten zusammen. „Schoon Vlaams“ ist daher als eine Form von Zwischensprache zu verstehen, die weitgehend von französischen Worten bereinigt ist und dem Standardniederländischen nahekommt. Beide Übersetzer entscheiden sich jedoch für eine Übersetzung in Analogie zu „Hochdeutsch“ und bringen damit Flandern mit einer eigenen Standardsprache in Verbindung. In der ersten Übersetzung werden auf diese Weise bewusst traditionelle Vorstellungen des Zielpublikums im Sinne des verwendeten Images bedient, in der zweiten Übersetzung ist diese Fehlinterpretation eventuell auf unvollständiges Wissen des Übersetzers zurückzuführen, wobei offensichtlich auch stereotype Vorstellungen einen Einfluss haben.

Wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Übersetzungen lassen sich vor allem anhand der Umsetzung des mehrsprachigen Charakters des Originals beobachten. Claus spielt im Roman mit einer Art Hierarchie der Sprachen, in der das Flämische in seinen verschiedensten Ausprägungen - von Dialektniveau über die Zwischensprache „schoon Vlaams“ bis zur niederländischen Standardsprache in wiederum unterschiedlichen Registern und Stilen - der Prestigesprache Französisch gegenübersteht, die wiederum mit vielen Lehnwörtern insbesondere in den westflämischen Dialekt Eingang gefunden hat (vgl. Eickmans & van Doorslaer 1992: 362). Im zweiten Teil des Romans kommt zusätzlich Deutsch, die Sprache der Besatzungsmacht, ins Spiel. Es entstehen so unterschiedliche Formen der Sprachkombination.[5]

Bourgeoises Französisch

Claus verzichtet im Roman zumeist auf eine Kennzeichnung des Französischen durch Kursivschrift, wodurch er der latenten Dominanz des Französischen im Alltag der Flamen Ausdruck verleiht. In beiden Übersetzungen werden französische Begriffe im Allgemeinen für den Leser durch Kursivschrift manifest gemacht, wodurch die Vorgehensweise in beiden Übersetzungen auf den ersten Blick gleich erscheint (siehe Tabelle 8):

Original 1983

(S. 195)

Übersetzung 1986

(S. 184)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 213)

‘[…] Waarom doet Armand zo lelijk tegen mij, nu dat ik hem zijn goesting heb laten doen bij mij?’

‘Violette, je t’en prie devant le garçon…’

‘De garçon,’ zei Louis geeuwend.

„[…]  Warum ist er so häßlich zu mir, wo ich ihm doch zu Willen gewesen bin?“

Violette, je t’en prie devant le garçon…

Le garçon“, sagte Louis gähnend. 

„[…] Warum ist Armand jetzt so schäbig zu mir, wo ich ihm doch alles erlaubt habe, was er von mir wollte?“

Violette, je t’en prie devant le garçon…

Le garçon“, sagte Louis gähnend.

Tabelle 8: Sprachwechsel mit bourgeoisem Französisch

Französisch im westflämischen Dialekt

Für den Umgang mit französischen Lehnworten im westflämischen Dialekt, der Alltagssprache, lassen sich jedoch für beide Übersetzungen ganz erhebliche Unterschiede im Text beobachten:

Original 1983

(S. 505)

Übersetzung 1986

(S. 475)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 570)

‘Ah, wat zou ik willen dat er een van die Brusselse kiekefretters een tricolore drapeau uitstak, ge zoudt wat zien, onze mannen zullen niet in toom te houden zijn. […]’

 

‚Gott, wie sehr wünschte ich mir, daß einer dieser Brüsseler kiekefretter ein tricolore drapeau heraushängen würde, du würdest was erleben, unsere Mannen wären nicht zu zügeln. […]‘

„Ha, heute soll mal einer von diesen Brüsseler Hühnerfressern die belgische Trikolore aushängen, was meinst du, was dann los ist. Dann sind unsere Leute nicht zu halten. […]“

Tabelle 9: Sprachmischung im westflämischen Dialekt.1

Im obigen Beispiel (Tabelle 9) entsteht in der Übersetzung von 1986 eine Textstelle, die den mehrsprachigen Charakter der Alltagssprache aufgreift. Es scheint dem Übersetzer dabei nicht so sehr darauf anzukommen, ob das Zielpublikum alles richtig versteht. Vielmehr geht es wohl darum, dem Text mehr Authentizität zu verleihen und die Besonderheiten des flämischen Dialekts für den Leser erlebbar zu machen. Gleichzeitig wird auf diese Weise die Prestigesprache Französisch als eine Art Joch dargestellt, die die Volkssprache und den Alltag der Flamen in allen Lebensbereichen ständig unterwandert. Demgegenüber entsteht in der Neuübersetzung ein einsprachiger, problemlos verständlicher Text, der vor allem um Korrektheit bemüht ist. Die Spezifität der sprachlichen Situation wird dem Leser so aber nicht vermittelt, auch wird er die „belgische Trikolore“ nicht ohne Weiteres als Symbol für den ungeliebten Nationalstaat erkennen können.

In ähnlicher Weise lassen sich im Roman viele weitere Textstellen finden, in denen in der ersten Übersetzung französische Begriffe vom Original übernommen werden, während diese in der Neuübersetzung durch deutsche Begriffe oder Formulierungen ersetzt werden, wie die folgenden Beispiele (Tabelle 10) zeigen:

Original 1983

(S. 139)

Übersetzung 1986

(S. 130f.)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 151f.)

De poudre-de-riz op haar wangen had natte plekken.

[…]

Op de vijfde rij stond een mollig mannetje met een lavallière en lange blond-grijze krullen te wuiven.

Der poudre de riz auf ihren Wangen hatte nasse Flecken.

[…]

In der fünften Reihe stand ein molliger kleiner Mann mit einer lavallière und langen blondgrauen Locken auf und winkte.

Der Puder auf ihren Wangen hatte nasse Flecken.

[…]

In der fünften Reihe erhob sich ein pummeliges Männchen mit einer Fliege und langen, blondgrauen Locken und winkte.

(S. 155)

(S. 146)

(S. 168f.)

“’t Is een echte infirmière,’ zei Byttebier. ‘Baekelandt, als ge nog eens een malheurke hebt […] kunt ge er onze infirmière bij halen.’ […]

‘De zingende infirmière,’ zei Byttebier. […]

‘Ge moet ermee naar de infirmerie.’

„Wir haben eine richtige infirmière“, sagte Byttebier. „Baekelandt, wenn Sie nochmal ein Malheurchen […] haben, können Sie unsere infirmière hinzuziehen.“ […]

„Die singende infirmière“, sagte Byttebier. […]

„Du musst damit zur infirmière“.

„Er ist ‘ne richtige Krankenschwester“, sagte Byttebier. „Baekelandt, wenn Sie nochmal Malessen […] haben, rufen Sie einfach die Krankenschwester.“ […]

„Die singende Krankenschwester“, sagte Byttebier. […]

„Du musst damit in die Infirmerie.“

(S. 181)

(S. 171)

(S. 197)

‘[…] Ik zou, geloof ik, onbeleefd worden en in mijn commerce kan ik mij dat niet permitteren.’

 

‚[…] Ich würde, glaube ich, unhöflich werden, und in meinem commerce kann ich mir das nicht permittieren.‘

„[…] Wahrscheinlich würde ich ausfallend werden, und das kann ich mir als Geschäftsmann nicht erlauben.“

Tabelle 10: Sprachmischung im westflämischen Dialekt.2

In der ersten Übersetzung ist für den Leser sehr gut nachvollziehbar, wie sehr die flämische Alltagssprache vom Französischen durchsetzt ist. In der Neuübersetzung hingegen werden durchgängig einsprachige Texte produziert. Auch ins Deutsche eingebürgerte Worte wie „Malheur“ oder „permittieren“ kommen in der Neuübersetzung nicht zur Anwendung, wodurch die Präsenz des Französischen im Text zusätzlich reduziert wird. In den obigen Beispielen ist einzig „Infirmerie“ als Wort französischen Ursprungs in der Neuübersetzung erhalten geblieben, ansonsten wurde die mehrsprachige Vorlage in einen rein deutschen Text umgewandelt. Eine ähnliche Vorgehensweise ist auch für die folgenden Beispiele (Tabelle 11) zu beobachten:

Original 1983

(S. 21f.)

Übersetzung 1986

(S. 18f.)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 21f.)

‘Allee, jongen,’ zei Papa opgewekt. […]

‘Allee, jongen,’ zei Papa. […]

‘Allee, jongen,’ zei Papa.

‘Allee, Papa,’ zei Louis […].

Allez, mein Junge“, sagte Papa munter. […]

Allez, mein Junge“, sagte Papa. […]

Allez, mein Junge“, sagte Papa.

Allez, Papa“, sagte Louis […].

„Mach’s gut, mein Junge“, sagte Papa munter. […]

„Mach’s gut, mein Junge“, sagte Papa. […] „Mach’s gut, Junge“, sagte Papa. […] „Mach’s gut, Papa“, sagte Louis […].

(S. 180)

(S. 170)

(S. 196)

‘Enfin, gij zijt er. […]’

Enfin, du bist da. […]“

„Jedenfalls bist du jetzt hier. […].“

(S. 180)

(S. 202)

(S. 235)

‘Nondedju,’ riep Nonkel Armand. ‘Een hete?‘

[…]

‚Nondedju, nondedju.‘

Nom de Dieu“ rief Onkel Armand. „Eine Heißblütige?“

[…]

Nom de Dieu, nom de Dieu.“ 

„Donnerwetter“, rief Onkel Armand. „Ein heißes Weib?“

[…]

„Donnerwetter, Donnerwetter.“

 

Tabelle 11: Sprachmischung im westflämischen Dialekt.3

Im gesamten Originaltext fließen, wie im flämischen Alltag üblich, französische Ausrufe wie „allez“ oder „enfin“ spontan in die Sprache ein. In der Neuübersetzung werden hier wiederum einsprachige deutsche Texte erzeugt, während die erste Übersetzung abbildet, wie sehr das Flämische vom Französischen durchzogen ist. Das folgende Beispiel (Tabelle 12) zeigt, dass die erste Übersetzung sogar noch den Anteil französischer Ausrufe am Text erhöht, indem flämische Ausdrücke teilweise mit französischen Äquivalenten übersetzt werden; für die Neuübersetzung lässt sich hier wiederum feststellen, dass sie alles Französische meidet und so auch das Lehnwort „Misere“ nicht übernimmt:

Original 1983

(S. 108)

Übersetzung 1986

(S. 100)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 115)

‘Potversnotjes! Het is waar. Met al de miserie de dag vandaag […].’

Parbleu! Das stimmt. Bei der ganzen Misere heutzutage […].“

„Verflixt und zugenäht! Stimmt ja auch. Bei dem ganzen Schlamassel heutzutage […].“

Tabelle 12: Sprachmischung im westflämischen Dialekt.4

Dialekt

Für den Umgang mit Dialektpassagen sind in beiden Übersetzungen ebenfalls unterschiedliche Strategien festzustellen (siehe Tabelle 13). Die erste Übersetzung setzt flämischen Dialekt in niederdeutsche Mundart um und trägt damit einer traditionellen Sichtweise im Sinne von Hoffmann von Fallersleben Rechnung, die das Niederländische grundsätzlich dem Niederdeutschen zuordnet und damit gleichzeitig einer Verbundenheit von Deutschen und Flamen Ausdruck verleiht. In der Neuübersetzung wird dagegen kein Bezug zum Niederdeutschen hergestellt, flämischer Dialekt wird mit einer Art Zwischensprache übersetzt, die nicht eindeutig einem deutschen Dialekt zugeordnet werden kann; das aus dem Französischen entlehnte Wort „perplex“ wird hier wiederum nicht übernommen:

Original 1983

(S. 26)

Übersetzung 1986

(S. 24)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 27)

Hij ging naar haar toe […] en zei: “Ah wel, maske, komt er baa! Da zaain Sjaarels van ’t Vraai onderwaais. Mor geef maa ierst nen baiser.” Wij stonden perplex.

Er ging auf sie zu […] und sagte: ‚Ach Dern, kümm to mi! Dat sünd Stümper vom ‚frien Unnerricht‘. Blos giv mi ierst enen Söten.‘ Wir waren perplex.

Er ging auf sie zu […] und sagte: ‚Ach, mien Mädl. Kumm bi uns bi! Die Kerrls daa sin Pauker von de kathool’sche Schulen. Aawer eerrst ‘n Bützchen.‘ Wir waren platt.

Tabelle 13: Dialekt

Die traditionelle Zuordnung des Flämischen zum Niederdeutschen erklärt in der ersten Übersetzung auch das Weglassen zahlreicher Textpassagen, die sich insbesondere auf Sprachunsicherheiten der Flamen in Bezug auf Dialekt und niederländische Standardsprache beziehen (siehe Tabelle 14). Solche Weglassungen sind überall im Text zu finden; in einer Studie wurde festgestellt, dass die Übersetzung von 1986 allein auf den letzten 130 Seiten 55 Textstellen unterschlägt (Eickmans & van Doorslaer 1992: 368). Hierin drückt sich eine grundsätzliche Geringschätzung gegenüber der niederländischen Sprache, ihren Dialekten und ihren Dichtern aus. In der Neuübersetzung werden diese Passagen jedoch sorgfältig und sprachlich kreativ übersetzt:

Original 1983

(S. 17)

Übersetzung 1986

(S. 14)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 16)

Peter zei: ‘Staf, gij met uw Frans altijd, zeg liever duimspijkers. En daarbij, gij zoudt die jongen beter een rekker rond zijn hoofd binden ’s nachts, dat zou minder zeer doen, hè, Louis?’ Waarop Pa verongelijkt maar (voor één keer) triomfantelijk zei: ’Rekker, rekker, dat is ook geen schoon Vlaams, Vader, ge moet zeggen: rubberband of gummiband.’ Waarop Peter zich afwendde, als een kat die een rat heeft gevangen in een kloostergang, en zei: ‘Wat goed genoeg is voor Guido Gezelle en Herman Teirlinck is goed genoeg voor hun leerling, Hubert Seynaeve, hier aanwezig.

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Der Pate sagte: “Staf, du immer mit deinem Französisch, sag lieber: Reißzwecken. Und außerdem solltest du dem Jungen nachts lieber Gummilitze um den Kopf binden, das würde nicht so wehtun, nicht wahr, Louis?“ Worauf Pa beleidigt, aber (zum ersten Mal) triumphierend sagte: „Gummilitze, Gummilitze, das ist auch kein gutes Flämisch, Vater, es heißt: Gummiband.“ Worauf sich der Pate abwandte, wie eine Katze, die in einem Klostergang eine Ratte gefangen hat, und sagte: „Was für unsere Dichter Guido Gezelle und Herman Teirlinck gut genug ist, ist auch gut genug für meine Wenigkeit, ihren Schüler Hubert Seynaeve.“ 

Tabelle 14: Dialekt und Sprachunsicherheit

Deutsch

Ab dem zweiten Teil des Originaltextes, der sich auf die Zeit der deutschen Besatzung bezieht, werden im flämischen Alltag zunehmend deutsche Begriffe und Ausdrücke in die Sprache eingebaut, die Claus zumeist nicht kenntlich macht, um zu zeigen, wie selbstverständlich Deutsch in die Sprache eingeht. Für beide Übersetzungen sind hier wiederum unterschiedliche Vorgehensweisen zu beobachten, wie die folgenden Beispiele (Tabelle 15) zeigen:

Original 1983

(S. 520)

Übersetzung 1986

(S. 488)

Übersetzung 2016 [2008]

(S. 587)

‘Een arme boerin uit de streek, hoogedele heer Obergruppenführer.

‘O, gij, verdammte leugenkous!’

„Eine arme Bäuerin aus der Gegend, hochedler Herr Obergruppenführer.“

„O du verdammtes Lügenmaul!“

„Eine arme Bäuerin hier aus der Gegend, hochwohlgeborener Herr OBERGRUPPENFÜHRER.“

„Oh, du VERDAMMTER Lügenbold!“

(S. 523)

(S. 491)

(S. 591)

Is dat het wat Entartete doen, je meetrekken in hun beeld, vervormen naar hun beeld?

Ist es das, was Entartete tun: einen in ihr Bild hineinzuziehen, einen nach ihrem Bild zu verzerren?

Ist es das, was ENTARTETE tun, einen hineinziehen in ihr Bild, verformen nach ihrem Bild?

Tabelle 15: Deutsch

In der Neuübersetzung wird die Mehrsprachigkeit des Originals durch „Mehrschriftlichkeit“ (Schmitz-Emans 2015) deutlich gemacht, während in der ersten Übersetzung für den Leser in keiner Weise nachvollziehbar ist, dass deutsche Begriffe bereitwillig ins Flämische übernommen werden. In ähnlicher Weise werden in der Neuübersetzung Begriffe wie LEISTUNGSABZEICHEN (S. 409), SCHAFFEN (S. 443), TREUE (S. 463), SCHNAUZE (S.473), ÜBERMENSCH (S. 377), KRIEGSVERWENDUNGSFÄHIG (S. 513), UNTERMENSCH (S. 531) und eine Vielzahl weiterer Begriffe, die zumeist typischem Nazi-Jargon entsprechen, markiert. Diese gehen in der ersten Übersetzung hingegen in einem insgesamt eindeutig einsprachigen deutschen Text auf und fallen dem Leser somit nicht unmittelbar ins Auge.

In der Übersetzung von 1986 wird durchgängig ein traditionelles „hetero-image“ umgesetzt, das Flandern in Bezug auf Volk und Sprache in einen „germanischen“ Gesamtzusammenhang stellt. Die „Romanisierung“ durch die französische Prestigesprache und -kultur wird vor allem im ersten Teil des Romans durch mehrsprachigen Text bewusst im Detail beschrieben und als unheilvoll für die flämische Bevölkerung dargestellt. Hiermit wird auch die in der deutschen Romantik entstandene Vorstellung bedient, dass einer französischen kulturellen Hegemonie in Europa entgegenzuwirken sei. Ebenfalls einem Bild der Romantik entsprechend wird Flandern als eine Nation mit einer eigenen Nationalsprache qualifiziert, wobei die flämische bzw. niederländische Sprache jedoch hierarchisch dem Deutschen untergeordnet wird. Das Thema der Kollaboration wird insgesamt heruntergespielt und in Anbetracht des „Kummers von Flandern“ sogar legitimiert. Die Auswirkungen der deutschen Besatzung in Belgien werden durch den Wegfall des Deutschen als mehrsprachiges Element im Text unkritisch dargestellt. Mehrsprachigkeit wird in der Übersetzung eingesetzt, um auf Missstände hinzuweisen, Einsprachigkeit dient zur Beschreibung geordneter Verhältnisse.

Unter ethischen Gesichtspunkten erscheint die Übersetzung von 1986 höchst bedenklich, da der Inhalt durch Neuinterpretationen und Weglassungen substantiell verändert wird. Maßgeblich für die Manipulationen ist eine grundsätzlich ethnozentrische Übersetzungsstrategie, die es verhindert, dass der Leser vollständig mit der fremden Kultur konfrontiert wird, sodass dieser in weiten Teilen lediglich eine stark an die eigene Kultur angepasste Version erhält. Dennoch ist festzuhalten, dass im ersten Teil des Buches die sprachliche Situation in Flandern in Bezug auf die Prestigesprache Französisch durch die bewusst mehrsprachige Übersetzung authentisch abgebildet und so für den Leser erlebbar gemacht wird. Insgesamt betrachtet kann Claus‘ Buch in der ersten deutschen Übersetzung jedoch nicht als ein autobiographisches Zeitdokument gewertet werden aufgrund der einschneidenden Manipulationen und der sich daraus ergebenden verzerrenden und verfälschenden Auswirkungen auf den Inhalt.

Vor dem Hintergrund eines neuen Kontextes zielt die deutsche Neuübersetzung von 2008 dagegen darauf ab, über Belgien aufzuklären und adäquate Informationen für ein interessiertes Publikum zur Verfügung zu stellen. Die Übersetzung ist vor allem um Vollständigkeit und eine korrekte Darstellung der Verhältnisse in Belgien im betrachteten Zeitraum bemüht, um den Leser bewusst mit dem Fremden, d.h. den komplexen politischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen in Belgien, zu konfrontieren und so sein Wissen zu bereichern. Dabei meidet die Neuübersetzung das in der ersten Übersetzung verwendete traditionelle Image; durch diese ideologische Gegensteuerung entstehen jedoch gerade im ersten Teil des Buches ebenfalls Manipulationen. Wie oben festgestellt, werden Textteile, die im Original mehrsprachig sind und damit authentisch die sprachliche Realität in Flandern in Bezug auf die Prestigesprache Französisch wiedergeben, in der Neuübersetzung zu einem großen Teil in rein einsprachige Textteile umgeformt und zusätzlich noch konsequent von Lehnwörtern aus dem Französischen bereinigt. Vor allem Formen der Sprachmischung, die sich tiefgreifend auf die Struktur einer Sprache auswirken, werden auf diese Weise eliminiert. Flämisch und Französisch treten somit hauptsächlich nur noch in Formen des Sprachwechsels auf, wodurch die sprachliche Situation in Flandern geordneter und weniger schwierig für die Betroffenen erscheint. Im zweiten Teil des Buches hingegen wird durch Mehrschriftlichkeit die mehrsprachige Situation sehr gut wiedergegeben, wodurch der Leser zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Besatzung in Belgien und der NS-Vergangenheit im Allgemeinen aufgefordert wird. Auch für die Neuübersetzung kann generell festgestellt werden, dass Mehrsprachigkeit für nicht akzeptable gesellschaftliche Zustände steht (in diesem Fall die deutsche Besatzung), Einsprachigkeit wird hingegen mit gesellschaftlich akzeptablen Zuständen in Zusammenhang gebracht (die schwierige sprachliche Situation in Flandern in Bezug auf Französisch wird durch mehr einsprachigen Text in der Übersetzung abgemildert). Die Neuübersetzung bildet die Gesamtaussage des Buches im Großen und Ganzen äquivalent ab, kann das Original als autobiographisches Zeitdokument jedoch nicht vollständig ersetzen.

4. Fazit: Konstruktion und Dekonstruktion von Images

Manipulationen in Literaturübersetzungen sind in erster Linie auf eine von relevanten Entscheidungsträgern vorgegebene Übersetzungsstrategie zurückzuführen, wodurch der Übersetzer an ein bestimmtes Skopos gebunden wird. Die gewählte Strategie entspricht den im jeweils gegebenen Kontext vorherrschenden, mit bestimmten stereotypen Bildern verbundenen ideologischen Vorstellungen und ist vor allem mit dem Bestreben verbunden, Erwartungen des Zielpublikums zu erfüllen. Literaturübersetzungen scheinen sich damit eher an einem kommerziellen Erfolg zu orientieren statt der Ausgangskultur Respekt entgegenzubringen, was aus ethischer Sicht sehr problematisch erscheint. Zum einen wird so das eigentliche Ziel einer Übersetzung, den Leser mit dem Fremden zu konfrontieren, verfehlt, zum anderen kann sich hierdurch auch der Status von Texten ändern, sodass beispielsweise die Aussagekraft autobiographischer Romane erheblich eingeschränkt wird, was für den Leser jedoch nicht erkennbar ist. Im Fallbeispiel hat sich gezeigt, dass Übersetzungsstrategien in erheblichem Maße zur Konstruktion bzw. Dekonstruktion von „hetero-“ und „auto-images“ beitragen, wodurch in Anbetracht der großen Zahl von Literaturübersetzungen ggf. die Vermittlung einer anthropologischen Realität verhindert wird. Ideologische Manipulationen am Text scheinen nur in geringem Maße vom Übersetzer auszugehen, können dann aber oftmals auf stereotype Vorstellungen beispielsweise in Bezug auf Nation, Volk und Sprache zurückgeführt werden.

Im Fallbeispiel hat sich gezeigt, dass vor allem die Übersetzung von Mehrsprachigkeit im Text an ideologische Konzepte geknüpft ist. Im Prinzip dient Einsprachigkeit bzw. Mehrsprachigkeit in einem Zieltext als Mittel, um Akzeptanz bzw. Kritik in Bezug auf bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse zum Ausdruck zu bringen. Demnach wird Einsprachigkeit in beiden Übersetzungen orientiert an einem traditionellen Nationenkonzept als Norm für eine geordnete Gesellschaft zugrunde gelegt, jedoch aufgrund der unterschiedlichen Kontexte jeweils auf andere Textteile angewendet. Entsprechend können mehrsprachige Ausgangstexte abhängig vom beabsichtigten Effekt in einsprachige oder mehrsprachige Zieltexte bzw. Zwischenformen hiervon überführt werden. Insgesamt lässt sich aus dem Fallbeispiel ableiten, dass sich Stereotypen anhand der Übersetzung mehrsprachiger Texte besonders gut nachvollziehen lassen.

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

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Claus, Hugo, Der Kummer von Flandern (Dt. von Johannes Piron), Stuttgart, Klett-Cotta, 1986

Claus, Hugo, Der Kummer von Belgien (Dt. von Waltraud Hüsmert), Stuttgart, Klett-Cotta, 2016 [2008]

Sekundärliteratur

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Fußnoten

[1] Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels; https://www.boersenverein.de/de/portal/Buchproduktion/1227836, abgerufen am 29. November 2018

[2] Die Ausgaben von „Der Kummer von Belgien“ von 2008 und 2016 sind textidentisch und unterscheiden sich lediglich in der Ausstattung der Bücher. Sie sind also gleichermaßen zitierbar.

[3] Nach Pascale Casanova hob Johann Gottfried Herder die strukturelle Bindung von Literatur und Nation erstmals explizit hervor und leitete hieraus seine Forderung nach einer Einheit von Nation, Literatur und Sprache ab.

[4] Die niederländischsprachige Literatur Flanderns und der Niederlande wird gemeinsam als „niederländische Literatur“ vermarktet.

[5] „Sprachwechsel und Sprachmischung sind die beiden […] im Grunde einzig möglichen Verfahren der Sprachkombination: Unterschiedliche Sprachen können entweder aufeinander folgend verwendet oder miteinander vermengt werden.“ (Radaelli 2014: 165) 

©inTRAlinea & Anja van de Pol-Tegge (2020).
"Der Kummer von Belgien (Hugo Claus)", inTRAlinea Vol. 22.
Stable URL: https://www.intralinea.org/specials/article/2500