Fremdsprachliche Akzente im Animationsfilm Cars 2:

Vier synchronisierte Sprachfassungen im Vergleich

By Danguolė Satkauskaitė and Eglė Alosevičienė (Vilnius University, Lithuania)

Abstract

English:

In contrast to subtitling and voice-over in dubbing the source-language soundtrack is completely eliminated and replaced by a target-language soundtrack. This gives translators, dialogue writers, voice actors and other parties involved in the synchronization process more freedom to deal with language varieties – to intensify, reduce, eliminate or add dialects or foreign accents because viewers do not have the possibility to compare the dubbing with the original film.

In cartoons Cars and Cars 2 the characters are personified cars of different origins; therefore, many of them are voiced and dubbed with foreign accents. The aim of the study is to investigate these foreign accents in the American film Cars 2 and in its German, Lithuanian and Russian dubbed versions. Phonetic, prosodic, lexical and morphosyntactic features are analyzed. In addition, attention is drawn to the interplay of other semiotic modes such as images and music, which serve to characterize characters of different nationalities.

The investigation shows that all characters, provided with foreign accents in the original film remain foreign in all analysed dubbed versions. However, different linguistic means are used to render the foreigness. Phonetic and prosodic means dominate, while the morpho-syntactic means occur primarily in the German dubbing. In addition, the nationality of the characters is enhanced by visual and acoustic non-verbal information.

German:

Im Unterschied zu untertitelten und mit Voice-over übersetzten Filmen wird bei der Synchronisation der ausgangssprachliche Soundtrack ganz eliminiert und durch einen zielsprachlichen ersetzt. Dadurch entsteht für Übersetzer, Synchronautoren, Synchronsprecher und andere an dem Synchronisationsprozess Beteiligte mehr Freiheit, mit Sprachvarietäten umzugehen – Dialekte oder fremdsprachliche Akzente zu verstärken, abzuschwächen, zu eliminieren oder hinzuzufügen, weil die Zuschauer keine Vergleichsmöglichkeit mit dem Filmoriginal haben.

In den Zeichentrickfilmen Cars und Cars 2 sind die handelnden Figuren personifizierte Autos unterschiedlicher Herkunft. So ist es selbstverständlich, dass viele von ihnen mit fremdsprachlichen Akzenten synchronisiert werden. Das Ziel der Untersuchung ist diese fremsprachlichen Akzente im amerikanischen Film Cars 2 und in seinen auf Deutsch, Litauisch und Russisch synchronisierten Versionen zu untersuchen. Beachtet werden dabei die phonetische, die prosodische, die lexikalische und die morpho-syntaktische Sprachebene. Außerdem wird auf das Zusammenspiel von anderen semiotischen Modalitäten (Zeichensystemen) wie Bild und Musik aufmerksam gemacht, die zur Charakterisierung von Figuren verschiedener Nationalitäten dienen.

Aus der Untersuchung geht hervor, dass alle Filmfiguren, die in der amerikanischen Originalversion mit fremdrpachlichen Akzenten versehen werden, auch in den untersuchten Synchronisationen mit entsprechenden Akzenten eingesprochen werden. Jedoch werden zur Charakterisierung von Figuren verschiedener Nationalitäten verschiedene sprachliche Mittel eingesetzt. Zu den dominierenden Sprachmitteln zählen phonetische und prosodische, während die morpho-syntaktischen vor allem in der deutschen Synchronisation vorkommen. Zusätzlich wird die nationale Zugehörigkeit der Figuren durch visuelle und akustische nonverbale Information verstärkt.

Keywords: synchronisation, animation, fremdsprachliche Akzente, Multimodalität, Charakterisierung von Figuren, dubbing, foreign accents, multimodality, characterization

©inTRAlinea & Danguolė Satkauskaitė and Eglė Alosevičienė (2019).
"Fremdsprachliche Akzente im Animationsfilm Cars 2:"
inTRAlinea Special Issue: The Translation of Dialects in Multimedia IV
Edited by: Klaus Geyer & Margherita Dore
This article can be freely reproduced under Creative Commons License.
Stable URL: https://www.intralinea.org/specials/article/2464

1. Einleitung

Die Globalisierung und die daraus folgende Migration und Integration führen zu verstärktem Gebrauch verschiedenster Sprachvarietäten (Muysken 2010: 7). Da die Medien danach streben, die Realität mehr oder weniger abzubilden, werden Sprachvarietäten auch im audiovisuellen Material vermehrt eingesetzt. Sie erfüllen eine Reihe spezifischer Funktionen, die, wie Pavesi et al. (2015: 13) betonen, „not fully overlap with those of natural conversation and include moving the plot forward, providing background information, defining characters, and involving viewers emotionally and aesthetically.“ Besonders in der modernen Animation werden Varietäten häufig eingesetzt, um erstens einen möglichst authentischen Figurencharakter zu schaffen, um zweitens humoristische Effekte zu erzielen und um drittens stereotype Figurencharaktere zu schaffen, Stereotype erkennbar zu machen und zu verfestigen (vgl. Herbst 1994; Lippi-Green 1997; Ferber 2008; Parini 2009; Delabastita 2010; Corrius und Zabalbeascoa; 2011; Minutella 2014; Bruti 2014; Queen 2015).

Die Translation von Nicht-Standardvarietäten wird sowohl von den Übersetzern, als auch von den Übersetzungswissenschaftlern oft als ein gravierendes Problem gesehen, besonders in der audiovisuellen Übersetzung (Chaume 2012: 133; Pavesi et al. 2015: 13; Bruti 2014: 93). Eine besondere Herausforderung stellt die Übertragung von Dialekten im engeren Sinne in Untertiteln dar, weil hier das Gesprochene schriftlich wiedergegeben werden muss und viele Varietäten ausschließlich in mündlicher Form verwendet werden und erkennbar sind. In synchronisierten Filmen hat man bedeutend mehr Freiheiten. Arampatzis (2012: 67) formuliert dies treffend folgendermaßen: „In dubbing, where phonetic and paralinguistic markers may come into play through the audio channel the same way they do in the original text, there is a wide range of possibilities when it comes to translating language varieties.”

In der Translationsforschung herrscht im Allgeimenen Einigkeit darüber, dass Dialekte einer Sprache nicht ohne Konnotationsverluste durch Dialekte einer anderen Sprache übertragbar sind (Landers 2001: 117; Ellender, 2015: 180), weil ein Dialekt im engeren Sinne manchmal nur in einem konkreten Land erkennbar und mit bestimmten stereotypen Konnotationen verbunden ist, wie zum Beispiel Schwäbisch in Deutschland oder Niederlitauisch in Litauen. Eine etwas andere Situation besteht mit fremdsprachigen Akzenten, besonders, wenn es um L2-Sprecher geht, deren L1 zu großen oder in dem L2-Land weit verbreiteten Sprachen gehört. Darauf weist auch Herbst (1994: 125) hin:

Bei der Synchronisation ergeben sich hierbei jedoch weit geringere Schwierigkeiten als bei der Wiedergabe muttersprachlicher Varietäten, da ein direktes Äquivalent exisitert: „Französisches Englisch“ läßt sich bei der Synchronisation ohne weiteres als „französisches Deutsch“ wiedergeben.

Bei Übersetzung von Filmen, in denen nicht alle, sondern nur einige Figuren mit Akzent sprechen, unterscheidet Chaume (2012: 138) drei Möglichkeiten: a) denselben Akzent in der Synchronisation zu imitieren, denn fremde Figuren haben beim Sprechen in der Zielsprache ebenfalls einen Akzent; b) wenn es sich um Akzent der Zielsprache handelt, kann der Übersetzer ihn durch einen anderen Akzent ersetzen; c) Standardsprache in der Übersetzung zu verwenden und dabei Konnotationsverluste fremdsprachiger Akzente des Filmoriginals in Kauf nehmen. Laut Chiaro (2009: 159) ist es insbesondere bei Komödien und Animation üblich, dass die Figuren mit stereotypen Akzenten synchronisiert werden.

Die fremde Herkunft der Figuren wird im audiovisuellen Text nicht nur linguistisch, sondern auch durch andere semiotischen Modalitäten – Musik und Bild – wiedergegeben, die kreativ miteinander kombiniert werden (Díaz Cintas und Remael 2007: 228; Minutella 2014: 69; Bruti 2014: 90). Der Übersetzer hat jedoch nur auf den verbalen Text Einfluss, das heißt er übersetzt lediglich die Filmdialoge. Dementsprechend ist es einerseits möglich, die fremde Herkunft der Figuren aussschließlich linguistisch zu analysieren. Andererseits werden die Charaktere mittels mehrerer Modalitäten geschaffen; die durch verschiedene Zeichensysteme wiedergegebenen Informationen ergänzen einander und müssen demnach unbedingt berücksichtigt werden.

Bei der linguistischen Analyse können die traditionellen linguistischen Sprachebenen untersucht werden – die phonetische, die prosodische, die morphologische, die syntaktische und die lexikalische Ebene. Es muss allerdings betont werden, dass fremdsprachliche Akzente in Filmen, besonders in der Animation, nicht in genauem Nachahmen der Rede von Nicht-Muttersprachlern bestehen, sondern lediglich in der Nutzung von stereotypen, von den Rezipienten leicht zu erkennenden Merkmalen. Queen (2015: 170) bringt es auf den Punkt: „[W]hat matters for media producers is that the characterization is both recognizable and retrievable to a broad audience.“ Die Filmproduzenten und Synchronstudios imitieren fremdsprachliche Akzente, indem sie alle in der Zielsprache vorhandenen Ressourcen nutzen (vgl. Ellender 2015: 137).

Bei der multimodalen Analyse ist es möglich, eine Fülle von Zeichensystemen in Betracht zu ziehen, jedoch werden wir uns in diesem Beitrag auf die vier wichtigsten beschränken: visuell nonverbale, visuell verbale, akustisch verbale und akustisch nonverbale Information.

2. Zielsetzung und Vorgehensweise

Das Forschungsmaterial bildet der US-amerikanische Zeichentrickfilm Cars 2, die Fortsetzung des 2006 erschienenen Films Cars. Der Film erschien 2011 und wurde von Pixar Studio produziert und von Walt Disney Pictures verlegt. Der Drehbuchautor ist Ben Queen, John Lasseter führte Regie, während Brad Lewis Ko-Regisseur war. Neben der US-amerikanischen Filmversion werden auch drei Synchronisationen untersucht: die deutsche (bekannt ebenso als Cars 2), die litauische (Ratai 2) und die russische (Тачки 2). Alle handelnden Figuren im Film sind personifizierte Autos aus verschiedenen Ländern. Damit das Verständnis der wichtigsten Zielgruppe – Kinder – gesichert ist, sprechen die handelnden Figuren im amerikanischen Film US-Englisch. Die Herkunft der Figuren sollte jedoch nicht nur visuell, sondern auch verbal aufgezeigt werden, dazu dienten in diesem Film fremdsprachliche Akzente, die als Forschungsgegenstand dieses Beitrags gewählt wurden.

Akzente, Dialekte, kulturelle Variatäten werden von Whitman-Linsen (1992: 39-53) zu der auditiven beziehungsweise akustischen Synchronität zugeordnet. Damit wird betont, dass Akzente und andere sprachliche Varietäten mit Stimmqualitäten der Synchronsprecher zusammenhängen und von den Zuschauern akustisch wahrgenommen werden. Nicht weniger wichtig ist, dass Akzente mit dem Persönlichkeitstyp und dem Verhalten der jeweiligen Filmfigur harmonieren, das heißt mit der Charaktersynchronität, die in den theoretischen Abhandlungen manchmal als ein gesonderter Synchronitätstyp genannt (Fodor 1976: 10) oder explizit aus den Synchronitäten ausgeschlossen (Chaume 2012: 69-70) wird. Wie diese Aspekte im gewählten Zeichentrickfilm zusammenwirken, wird durch die Untersuchung der akustisch verbalen, der akustisch nonverbalen, der visuell nonverbalen und der visuell verbalen Information, kurz: durch multimodale Analyse veranschaulicht.

Obgleich andere Typen der Synchronität wie phonetische (auch Lippensynchronität) oder kinetische Synchronität nicht weniger relevant sind, werden sie aus Umfangsgründen im vorliegenden Beitrag nicht ausführlicher behandelt.

Die erste Aufgabe ist die fremdsprachlichen Akzente der Figuren zu identifizieren. Die zweite Aufgabe besteht darin zu analysieren, durch welche sprachlichen Mittel – phonetische, prosodische, lexikalische oder morpho-syntaktische – dieser Akzent realisiert wird.

Bei der Wiedergabe einer fremdsprachlichen Varietät handelt es sich nach Herbst (1994: 125) hauptsächlich

1. um die Imitation eines ausländischen Akzentes […];
2. um den Gebrauch fremdsprachiger Wörter im Text, insbesondere bei Floskeln, bei denen man davon ausgeht, daß sie auch der Zuschauer versteht.

Obwohl in der Sprache von Ausländern häufig auch Grammatik- oder Wortschatzfehler auftreten, spielen sie laut Herbst (ebd.) in der Synchronisation der Figuren fremder Herkunft eine weitaus geringere Rolle. Dies soll im Folgenden in den synchronisierten Fassungen des Zeichentrickfilms Cars 2 untersucht werden.

Da es um multimodale Texte geht, ist es wichtig, auch die visuelle sowie akustische nonverbale Information zu beachten. Die nächste Aufgabe besteht nun darin, die auf Deutsch, Litauisch und Russisch synchronisierten Versionen zu untersuchen, um herauszufinden, ob die im Original sprachlich als Fremde markierten Figuren in den genannten Synchronisationen ebenso mit fremdsprachlichen Akzenten eingesprochen werden. Als Letztes ist zu klären, ob die Akzente in allen vier untersuchten Filmsynchronisationen in gleicher Intensität und auf den gleichen Sprachebenen zum Ausdruck kommen.

Figur

Herkunftsland

Akzent

Francesco Bernoulli

Italien

Italienisch

Luigi

Italien

Italienisch

Mama Topolino

Italien

Italienisch

Onkel Topolino

Italien

Italienisch

Guido

Italien

Italienisch

Professor Zündapp

Deutschland

Deutsch

Tomber

Frankreich

Französisch

Ivan

ehemaliges Jugoslawien

Serbokroatisch

Victor Hugo

ehemaliges Jugoslawien

Serbokroatisch

Vladimir Trunkov

Ukraine

Russisch

Finn McMissile

Großbritannien

ohne Akzent, Italienisch, Französisch

Holley Shiftwell

Großbritannien

ohne Akzent, Italienisch

Diasu Tsashimi

Japan

Japanisch

Tabelle 1: Figuren, ihre Herkunftsländer und Akzente im animierten Film Cars 2

In der Tabelle 1 sind die handelnden Figuren aus dem animierten Film Cars 2 mit Angaben über ihr Herkunftsland und ihren Akzent aufgelistet. In der Regel stimmen die letzteren überein, außer in zwei Fällen: Finn McMissile und Holley Shiftwell sind britische Agenten, die sich manchmal als andere Personen ausgeben müssen, um ihren Auftrag erfolgreich zu erfüllen.

3. Wiedergabe des italienischen Akzentes

Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, sind die meisten „Fremden“ im analysierten Film italienischer Herkunft. Auch eine der zwei Hauptfiguren im Film ist Italiener: der Formel-1-Rennwagen Francesco Bernoulli, der mit seinem Rivalen Lightning McQueen um den „World Grand Prix“ kämpft. Gerade die Gegenübertsellung der beiden Rivalen könnte eine der wichtigsten Funktionen sein, Francesco als Ausländer darzustellen, denn die Varietät kann dazu dienen, Differenzen von Filmfiguren aufzuzeigen (Pavesi et al. 2015: 15; Queen 2015: 31). Die Herkunft Francescos wird polysemiotisch durch den visuellen und den akustischen Kanal wiedergegeben. Visuell nonverbal wird auf das Herkunftsland durch die Farben der Nationalflagge Italiens referiert: Das personifizierte Auto Francesco ist nämlich in breiten senkrechten grünen, weißen und roten Streifen lackiert. Durch den visuellen Kanal wird auch von dem Stereotyp, Italiener seien temperamentvoll, metaphorisch Gebrauch gemacht: Beim Sprechen bewegt sich Francesco mehr als andere Figuren im Film, außerdem hebt er ganz häufig abwechselnd seine vorderen Räder (zum Beispiel 0:15:06, 0:15:08, 0:16:03, 0:16:40, 0:16:49, 0:16:53 usw.) – metaphorische Gestik, die nur für die Figuren italienischer Herkunft (zum Beispiel auch Luigi) typisch ist.

Auch visuell verbal wird auf Italien hingewiesen. Als Francesco in der Fernsehsendung „The Mel Dorado Show“ interviewt wird, erscheint ein Untertitel Rome, Italy, der den Handlungsort bezeichnet (00:14:22). Außerdem sieht man im Hintergrund des Sprechers Francecso die Hauptsehenswürdigkeit Roms – das Kolosseum, was visuell nonverbal auf Rom im Besonderen und Italien im Allgemeinen referiert.

Akustisch ist die italienische Herkunft Francescos vor allem aus seinen Dialogen erkennbar. Auf der phonetischen Ebene lässt sich der italienische Akzent sowohl in der amerikanischen Originalversion des Zeichentrickfilms als auch in der deutschen Synchronisation zunächst durch zusätzliche Endvokale erkennen, zum Beispiel eng. it is wird als [ˈɪtə ˈɪzə] und dt. entsprechend das ist als [ˈdasə ˈɪstə] ausgesprochen. In der deutschen Synchronisation sind auch Epenthese und Apokope ziemlich verbreitet, das heißt zwischen mehreren Konsonanten wird oft ein [ə] hinzugefügt und in manchen Fällen bleiben die Endkonsonanten unausgesprochen, wie zum Beispiel [ˈapslɛpəwagənə] für Abschleppwagen, [ausəru:nə] für ausruhen. Diese Interferenz ist „mit der unterschiedlichen typologischen Einordnung der Sprachen als silbenzählend (Italienisch) und akzentzählend (Deutsch)“ zu erklären (Rabanus 2001: 12). Die im Italienischen untypischen Konsonantenhäufungen oder Endkonsonanten werden von den italienischen Deutschsprechern ihrer Muttersprache angepasst, indem entweder der finale Konsonant getilgt oder ein [ə] hinzugefügt wird (Rabanus 2001: 12). Die Tendenz italienischer Muttersprachler, einen epenthetischen Vokal ans Ende englischer auf Konsonant endender Wörter anzuhängen, wird, laut Busà (2008: 115), häufig als ein stereotypes Merkmal des italienischen Akzents im Englischen betrachtet.

Ein weiteres markantes phonetisches Merkmal ist der für das Italienische typische stimmhafte alveolare Vibrant /r/ (das gerollte Zungenspitzen-R), das in der amerikanischen und in der deutschen Synchronisation zu beobachten ist, zum Beispiel in der US-englischen Originalversion des Films: It is an honor, Signore Dorado, for you [ˈɪtəˈɪzə ən ˈɑnər siːŋˈjo:re dəˈrɑdoʊ ˈfɔr ˈjuː] (00:14:20 – 00:14:24). In der deutschen Synchronisation ist das gerollte Zungenspitzen-R sehr deutlich in den Wörtern wie dir, sehr traurig und anderen hörbar. Obwohl für litauische Standardsprache ebenfalls das Zungenspitzen-R typisch ist, wird in der litauischen Synchronisation des Films das /r/ besonders hervorgehoben und länger als notwendig gerollt, zum Beispiel in den Wörtern Frančeskas, gar ‘Ehre’, neturėtų ‘sollte nicht’, prieš ‘vor’, greičiu ‘Geschwindigkeit’ usw.

In der deutschen Synchronisation ist außerdem noch die Aussprache von /ʃ/ und /h/ typisch für die Figurensprache mit italienischem Akzent. Statt /ʃ/ wird fast ausschließlich /s/ ausgesprochen, zum Beispiel verstecken als [fɐˈstekə], (ihr) schlaft als [sla:f], streiten als [ˈstraitə]. Das /h/ wird beim Sprechen der Figuren italienischer Herkunft meistens ausgelassen, zum Beispiel in Wörtern daheim, habe, hatte, helfen.

Sogar in drei analysierten Synchronisationen – in der US-englischen, deutschen und litauischen – macht sich der italienische Akzent Francescos auch durch verlängerte kurze Vokale bemerkbar. Dies ist damit zu erklären, dass es im italienischen Lautsystem nur sieben Vokale gibt, wobei es im Englischen 11-13 (abhängig von der Varietät), im Litauischen 11 und im Deutschen sogar 15 Vokale gibt. Wärend in den drei zuletzt genannten Sprachen kurze und lange Vokale unterschieden werden, werden im Italienischen alle Vokale beinahe gleich lang ausgesprochen. Dies spiegelt sich auch in dem animierten Film Cars 2 wider: Zum Beispiel, klingt das /i/ in den englischen Wörtern miss, his, is, insult fast gleich lang wie im Wort easy. Im Deutschen werden die kurzen Vokale ebenfalls oft verlängert, besonders bei betonten Silben, wie bestens, wirst, muss, rennen, Runde. Auch im Litauischen werden die betonten kurzen Vokale länger als in der litauischen Standardsprache ausgesprochen, zum Beispiel didelė ‘groß’, Frančeskas, nelengva ‘nicht leicht’.

Ein weiteres phonetisches Merkmal, das für das Italienische typisch ist und im analysierten Film für die Figurensprache gebraucht wird, ist das palatalisierte /l/. Es kommt in der US-englischen (zum Beispiel in Wörtern well, like, will, help, thankful, welcome, looks, meal) und in der russischen Synchronisation (zum Beispiel загрустил ‘wurde traurig’, был ‘war’, лучший ‘der beste’, полуторки ‘Lastwagen’) vor. In der litauischen Version wird die Palatalisierung von /l/ nicht konsequent angewandt, mal wird es vor den Vokalen der hinteren Reihe palatalisiert ausgesprochen, wie kilometrų ‘Kilometer’, valandų ‘Stunden’, was der litauischen Standardsprache widerspricht, mal wird es nicht palatalisiert, wie šlovės ‘Ruhm’.

In der Forschungsliteratur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass abweichende Prosodie die Hauptrolle bei der Produktion und Rezeption fremdsprachlicher Akzente spielt (vgl. Busà 2008: 116; Rogoni 2012: 92). Daher wird im Animationsfilm Cars 2 auf der akustischen Ebene neben den phonetischen Merkmalen auch von der Prosodie ausgiebig Gebrauch gemacht. Vor allem fällt der Sprechrhythmus der Figuren italienischer Herkunft im analysierten Film auf, besonders in der US-englischen, deutschen und litauischen Synchronisation. Dies ist damit zu erklären, dass das Italienische als silbenzählende Sprache gilt, wärend die untersuchten Synchronisationssprachen, nämlich Englisch, Deutsch, Russisch und Litauisch zu den akzentzählenden gerechnet werden. Die rhythmische Einheit ist im Italienischen also die Silbe, nicht der Takt. Über prosodische Sprachunterschiede des Italienischen und des Englischen schreibt treffend Busà (2008: 115):

in English vowels may span from full to reduced, in both quality and duration, and even disappear, depending on the degree of stress they receive in the utterance; in Italian, vowel quality tends to remain quite stable, regardless of the degree of stress on the vowel or any other phonological condition of the utterance. Thus, in English, phonological rules operating at the level of suprasegmentals (i.e., syllable structures, rhythmic tendencies, stress assignment rules, and intonation) trigger vowel reduction processes and create distinctions between vowels in ‘strong’ and ‘weak’ syllables. In Italian, these rules do not operate: syllables tend to have the same ‘weight’, and vowels are always fully pronounced.

Auf der morpho-syntaktischen Ebene ist zunächst festzustellen, dass es in der US-englischen Originalversion des Zeichentrickfilms keine Abweichungen von der Standardsprache gibt. Jedoch werden bei der Synchronisation der Figuren italienischer Herkunft in allen drei untersuchten Sprachversionen bewusst grammatische Fehler gemacht, um den Eindruck des fremdklingenden Akzentes noch zu verstärken.

Francesco Bernoulli 01:01:23 – 01:01:31

EN

DE

LT

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Is-ə no insult. When-ə Francesco is away from home, he misses his mama, just like-ə you miss your tow truck amico.

Diese keine Beleidigung. Wenn Francesco ist weg von Daheim, ihm fehlt die Mama, so wie dir fehlt der Absleppwage, was ist dein Amico.

Neketinu tave žeisti. Kai Frančeskas būna išvykęs, jis pasiilga savo mama. Kaip ir tu dabar pasiilgi savo sunkvežimio amico.

‘Ich habe nicht vor, dich zu beleidigen. Wenn Francesco weg ist, vermisst er seine Mutter. Wie auch du jetzt deinen LKW Amico vermisst.’

Зря ждёшь гадoстей, когда Франческо далеко далеко от дома, ему не хватает мамы. Также как и тебе твоего ржавого amico.

‘Vergebens wartest du auf Widerlichkeiten, wenn Francesco weit weit weg von zu Hause ist, fehlt ihm seine Mutter. Genauso wie dir dein rostiger Amico.’

Tabelle 2: Italienischer Akzent von Francesco Bernoulli in Cars 2 (01:01:23 – 01:01:31)

Von dem in Tabelle 2 dargestellten Ausschnitt aus dem Dialog Francescos mit Lightning McQueen sind grammatische Fehler in der deutschen und in der litauischen Synchronisation erkennbar. In der deutschen Version fehlt im ersten Satz das Verb ganz (dies[e] [ist] keine Beleidigung), im zweiten Satz werden Verben in der Hypotaxe nicht ans Satzende platziert (Wenn Francesco [...] weg von Daheim [ist]; was [...] dein Amico [ist]). Im Litauischen stehen Objekte im Genitiv, wenn das Verb mit Negationspräfix gebraucht wird, also sollte der erste Satz lauten: neketinu tavęs (Genitiv) žeisti (‘ich habe nicht vor, dich zu beleidigen’). Das Verb pasiilgti (‘vermissen’) ist in beiden Verwendungen inkorrekt konjugiert, außerdem regiert das Verb pasiilgti ein Genitivobjekt, also sollte der korrekte Satz so lauten: … jis pasiilgsta savo mamos, kaip ir tu pasiilgsti savo sunkvežimio amico.

Holley 1:02:38 – 1:02:45

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Scusate mi tuti signori, mio nonno,

my grand-a father has-a broken down. If-a one of-a you would help, I would be so thankful.

Scusate mi tuti signori, mio nonno, meine Großvatere hate eine Panne. Wenn einer von Ihnen konnte helfen, ich wäre so e dankbare.

Scusate mi tuti signori, mio nonno, mano senelis sugedo. Jeigu kuris nors iš jūsų galėtų padėti, būčiau labai labai dėkinga.

‘[...] mein Großvater ist kaputt. Wenn einer von Ihnen helfen könnte, wäre ich sehr sehr dankbar.’

Scusate mi tuti signori, mio nonno, мой дедуля заглох у варото. Если uno из вас помогати, я буду molto презнательна.

‘[...] mein Großvater blieb vor dem Tor stehen. Wenn einer von Ihnen helfen könnte, wäre ich sehr dankbar.’

Tabelle 3: Italienischer Akzent von Holley in Cars 2 (1:02:38 – 1:02:45)

Das in Tabelle 3 angeführte Beispiel illustriert noch einmal Wortfolgefehler bei der Nachahmung eines deutsch sprechenden Italieners. Eigentlich ist die Protagonistin Holley Engländerin, aber als Geheimagentin soll sie sich als Italienerin ausgeben, daher wird ihr italienischer Akzent auf mehreren Sprachebenen geschaffen. Grammatische Fehler werden auch in der russischen Synchronisation absichtlich gemacht: Als verstellte Italienerin verwendet Holley Infinitiv mit zusätzlichem Endvokal помогать (‘helfen’) statt der Verbform in der 3. Person Singular: если кто то из вас поможет (Präsens Singular 3. Person), я буду очень презнательна ‘wenn einer von Ihnen helfen könnte, wäre ich sehr dankbar’.

Wie aus den in Tabellen 2 und 3 angeführten Beispielen ersichtlich, werden für die sprachliche Darstellung von Figuren italienischer Herkunft mehrfach lexikalische Mittel genutzt. Im erstgenannten Beispiel (Tabelle 2) wird das weitverbreitete italienische Substantiv amico (‘Freund’) in allen Filmversionen gleich gebraucht. Tabelle 3 zeigt, dass auch längere italienische Phrasen in die Gespräche integriert werden können. Die Wörter scusate ‘Entschuldigung’ und signori ‘Herren’ durften wohl keine all zu großen Verstehensschwierigkeiten bereiten, da sie erstens aus dem pragmatischen Kontext und zweitens entweder durch ihre Häufigkeit oder Ähnlichkeit zu anderen europäischen Sprachen verstanden werden können. Die Nominalphrase mio nonno ‘mein Großvater’ wird in allen Synchronisationen gleich übersetzt. Hingewiesen soll es noch auf die russische Synchronisation: Außer der besprochenen italienischen Phrase werden in der Rede von Holley zusätzliche italienische Wörter wie uno ‘ein’ oder molto ‘sehr’ hinzugefügt.

Francesco Bernoulli 01:01:13 – 01:01:17

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For famous race cars like Francesco and, well, you, to be far away from home is not easy.

[unverständlich] der Francesco und du, beide weg zu sein von der Heimat ist molto difficile.

 

Tokiems garsiems lenktynininkams kaip Frančeskas, na, gerai ir tu prie jų, nelengva būti toli nuo namų.

‘Für solche berühmte Renner wie Francesco, ja gut, und du dazu, ist es nicht leicht, weg von zu Hause zu sein.’

Для всякой знаменитoй машины такой как Франческо, ну или ты, ездить вдали от дома тежелее.

‘Für jedes berühmte Auto wie Francesco, oder auch du, ist es schwieriger, weit von zu Hause zu fahren.’

Tabelle 4: Italienischer Akzent von Francesco Bernoulli in Cars 2 (01:01:13 – 01:01:17)

Der Ausschnitt in der Tabelle 4 ist in dem Sinne von Interesse, als nur in der deutschen Synchronisation lexikalische Mittel gebraucht werden, um den italienischen Akzent stärker wiederzugeben.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Figuren Mama Topolino und Luigi in allen vier untersuchten Filmsynchronisationen fast ausschließlich auf Italienisch reden.

 

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Phonetik

gerolltes Zungenspitzen-R, palatalisiertes /l/, zusätzliche Endvokale, zum Teil verlängerte Vokale

zusätzliche Endvokale, /s/ statt /ʃ/, zum Teil verlängerte Vokale

zum Teil palatalisiertes /l/, verlängerte Vokale, stark gerolltes /r/

palatalisiertes /l/

Prosodie

Akzent auf jeder Silbe, plötzlich steigende Intonation am Ende des Aussagesatzes

Akzent auf jeder Silbe, steigende Intonation

Akzent auf jeder Silbe, plötzlich steigende Intonation am Ende des Aussagesatzes

̶

Grammatik

̶

Verberststellung oder -zweitstellung in Nebensätzen

 

inkorrekte Kasus von Objekten, inkorrekte Verbkonjugation

(inkorrekte Kasus von Substantiven, Verben im Infinitiv)

Lexik

Vereinzelte Wörter und ganze Phrasen

Vereinzelte Wörter und ganze Phrasen

Vereinzelte Wörter und ganze Phrasen

Vereinzelte Wörter und ganze Phrasen

Tabelle 5: Sprachliche Mittel zur Wiedergabe des italienischen Akzentes in Cars 2

Nach der Analyse der Figurensprache italienischer Herkunft kann nun eine Zwischenbilanz gezogen werden, die in der Tabelle 5 zusammenfassend dargestellt wird. In der US-amerikanischen Originalversion des Zeichentrickfilms Cars 2 wird der italienische Akzent durch phonetische, prosodische und lexikalische Mittel ausgedrückt. In der deutschen und in der litauischen Synchronisation werden zusätzlich grammatische Mittel eingesetzt, in der russischen Version nur beim Synchroneinsprechen einer Figur, nämlich Holley. Von den phonetischen Mitteln wird in der US-englischen, in der deutschen und in der litauischen Version am meisten Gebrauch gemacht, während die russische Version nur eine markante, dem Italienischen eigene phonetische Eigenschaft aufweist. Die Prosodie weicht in der russischen Synchronisation kaum von der russischen Standardsrpache ab, wobei die Intonation und der Sprechrhythmus in den anderen drei Synchronisationen eine entscheidende Rolle bei der Wiedergabe des italienischen Akzentes spielen. Lexikalische Mittel, zum Teil der Gebrauch längerer italienischer Phrasen, sind in allen vier untersuchten Synchronisationen sehr beliebt, besonders aber in der deutschen und in der russischen.

4. Wiedergabe des französischen Akzentes

Die einzige für die Handlung bedeutende Figur im Film, die aus Frankreich kommt, ist Tomber. Dadurch, dass das Auto nur drei Räder hat, ist es sehr instabil, daher auch sein Name, der auf Deutsch ‘fallen’ bedeutet (http://pixar.wikia.com). Dieses personifizierte Auto wurde nach dem englischen Reliant Regal geschaffen, doch einige Details stammen auch von den französischen Modellen Citroën AMI und Citroën DS (ebd.). Die Ähnlichkeit Tombers zu französichen Citroën-Autos könnte man als visuelle nonverbale Indizien seiner französichen Herkunft ansehen. Außerdem spielt die Handlung in dem Filmabschnitt, in dem Tomber auftaucht, in der französichen Hauptstadt Paris; darauf wird zunächst akustisch verbal hingewiesen, indem der britische Agent Finn McMissile dem Flugzeug Siddeley die Richtung angibt (Tabelle 6).

Finn McMissile 00:49:34 – 00:49:35

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Paris. Tout de suite.

Paris, allez allez.

Tiesiu taikymu į Paryžių. ‘Geradewegs nach Paris’

В Париж. Je vous prie. ‘Nach Paris. Ich bitte Sie’

Tabelle 6: Französischer Akzent von Finn McMissile in Cars 2 (00:49:34 – 00:49:35)

Nachdem die handelnden Figuren in Paris gelandet sind, werden typische Kennzeichen der französischen Hauptstadt gezeigt: der Arc de Triomphe (Triumphbogen) und die Champs-Elysées (00:49:48), die Cathédrale Notre Dame (00:49:56), die Seine mit ihren Brücken (00:50:00), das Künstlerviertel Montmartre und Basilika Sacré-Cœur (00:50:01), der Louvre (00:50:06), der Eiffelturm (00:50:11) und andere. Somit wird visuell nonverbal auf Paris und Frankreich referiert. Die französische Atmosphäre wird akustisch verbal durch das Lied Mon Coeur Fait Vroum (Musik: Michael Giacchino, Text: Scott Langteau und Michael Giacchino, Sänger: Bénabar) (00:49:47 - 00:50:16) vervollständigt. Gesungen wird über die Liebe und über das Reisen, daher ist es eine kreative Anspielung sowohl auf Paris als die oft als Stadt der Liebe bezeichnete Hauptstadt (parallel dazu werden visuell nonverbal auf einer Brücke sich küssende personifizierte Autos dargestellt) als auch auf die handelnden Figuren, nämlich Autos. Die sich im Refrain ständig wiederholenden Onomatopoetika vroum, vroum, vroum referieren entsprechend sowohl auf den Herzschlag als auch auf das Motorbrummen.

Da schon durch den visuellen Kanal darauf hingewiesen wurde, dass die Handlung in Frankreich stattfindet, sind auch verbale Kennzeichen der Fremdheit von handelnden Figuren, in diesem Fall von Tomber, zu erwarten, denn, wie Bruti (2014: 93) bemerkt, Akzente werden in Filmen oft eingesetzt, um zu zeigen, dass die Handlung nicht in einem anglophonen Land stattfindet.

Akustisch verbal fallen zunächst phonetische Abweichungen von den jeweiligen Standardsprachen auf. In der US-englischen Sprachversion des Films hört man in der Rede Tombers sehr deutlich das palatalisierte /l/, zum Beispiel in Wörtern wie like, recalls, oil, filter, wheel, always, sold. In der litauischen Synchronisation wird das /l/ normwidrig vor den Vokalen der hinteren Reihe palatalisiert, zum Beispiel laiką ‘Zeit’. In der litauischen und in der russischen Synchronisation zeigt sich die Palatalisierung von postalveolaren Frikativen /⁠ʃ⁠/ und /ʒ/, zum Beispiel /ʃ⁠/ im litauischen elektrošokas ‘Elektroschock’ und im russischen электрошок ‘Elektroschock’, /ʒ/ im russischen вижу ‘[ich] sehe’. Da es im Französischen den ungerundeten geschlossenen Zentralvokal /ɨ/ nicht gibt, wird er als /ɪ/ ausgesprochen, zum Beispiel beim Verb выдумал ‘hat ausgedacht’.

Änlich wie bei den Figuren italienischer Herkunft verlängert auch der Franzose Tomber einige kurze Vokale, vor allem in der US-englischen (zum Beispiel in Wörtern wie Fin, filter, should, it, this) und in der litauischen (zum Beispiel in den Wörtern pardaviau ‘habe verkauft’, jis ‘er’, tvarko ‘repariert’, dabar‘jetzt’) Synchronisation.

Da es im Französischen den stimmhaften dentalen Frikativ /ð/ nicht gibt, machen viele französische Muttersprachler im Englischen Fehler bei seiner Artikulation. In der Originalversion des Zeichentrickfilms Cars 2 produziert Tomber statt /ð/ den stimmhaften alveolaren Frikativ /z/, zum Beispiel in der Aussprache der Demonstrativpronomen that, this, those, des Personalpronomens they oder des Artikels the. Allerdings wird diese Lautersetzung nicht konsequent durchgeführt, manchmal spricht Tomber den stimmhaften dentalen Frikativ /ð/ korrekt aus, wie in together (00:53:34) oder they (00:53:34).

Auch der stimmlose palatale Frikativ /ç/ ist im Französichen nicht bekannt, deshalb gibt es unter französischen Sprechern abweichende Realisierungen deutscher Wörter, die den so genannten Ich-Laut enthalten. Tomber spricht in der deutschen Synchronisation von Cars 2 statt /ç/ eher den stimmlosen postalveolaren Frikativ /⁠ʃ⁠/ aus, zum Beispiel klingt ich eher wie [ɪʃ], mich entsprechend wie [mɪʃ].

Eine weitere Besonderheit der französichen Sprache ist das Fehlen des Phonems /h/. Laut Neuhauser (2012: 156) wird „das in der Orthografie mancher Wörter vorhandene h entweder als h aspiré bezeichnet, wenn es sich um Entlehnung aus meist germanischen Sprachen handelt, oder als h muet. In der Regel werden beide Formen phonetisch nicht realisert“. Dieses phonetische Merkmal wird sowohl in der US-englischen Filmvariante ausgenutzt (zum Beispiel wird having als [ˈævɪn] ausgesprochen) als auch in der deutschen Synchronisation (zum Beispiel in den Wörtern hat, haben, geheime).

Ebenso bekannt ist der französische Akzent durch das gerollte uvulare Zungenspitzen-R. In der deutschen Synchronisation fällt es kaum auf, aber doch in manchen Wörtern der russischen Synchronisation, zum Beispiel продал ‘hat verkauft’ und встреча ‘das Treffen’. In der litauischen Synchronisation wird das Zungenspitzen-R auffällig intensiver gerollt als es für die litauische Standardsprache typisch ist, zum Beispiel in den Wörtern prasčiausias variklis ‘der schlechteste Motor’, ir ‘und’, dar ‘noch’, neturiu ‘[ich] habe nicht, nors ‘obwohl’ und viele andere.

Was in der deutschen Synchronisation noch an phonetischen Merkmalen des imitierten französischen Akzentes zu erwarten ist, ist die abgeschwächte oder gar fehlende Aspiration der stimmlosen plosiven Konsonanten. Laut Studien mit deutschen Probanden, die sich sprachlich als Franzosen verstellen sollten, „passten sich die Sprecher dem in der Literatur beschriebenen Muster an, dass stimmlose Plosive im Französischen in der Regel unbehaucht sind“ (Neuhauser 2012: 43). Diese Tendenz wird jedoch bei der Artikulation des deutschen Sprechers von Tomber in der untersuchten Animation nicht konsequent verfolgt, zum Beispiel aspiriert Tomber bei der Aussprache des erfundenen Städtenamens Porto Corsa, den er zwei mal in seiner Rede nennt, sowohl den stimmlosen bilabialen Plosiv /p/ als auch den stimmlosen alveolaren Plosiv /t/ wie ein deutscher Muttersprachler.

Auf der prosodischen Ebene soll zunächst die von den jeweiligen Standardsprachen abweichende Wortakzentuierung untersucht werden. Da die Betonung der ersten Silben bei mehrsilbigen Wörtern im Französischen unüblich ist, versucht man den französischen Akzent nachzuahmen, indem man einige Wörter auf der letzten oder vorletzten Silbe betont, zum Beispiel in der US-englischen Filmversion customer wird als [kʌsˈtəmə], secret als [siːˈkrət], meeting als [miːˈtɪŋ], Italy als [ɪtaˈliː] ausgesprochen. In der deutschen Synchronisation findet die Akzentverschiebung auf die letzte Silbe ebenfalls statt, zum Beispiel Ah'nung statt 'Ahnung. Was das Litauische angeht, so gibt es hier keine besonderen Akzentuierungsregeln, das heißt Wörter können auf einer beliebigen Silbe betont werden. Um der Figur Tomber einen französichen Akzent zu verleihen, wird auch in der litauischen Synchronisation oft die Betonung auf die letzte Silbe verlegt, zum Beispiel bei der Aussprache von švaistik'liai statt švais'tikliai ‘Kurbeln’, ža'lio suprati'mo statt 'žalio, supra'timo ‘keine Ahnung’. Auch in der russischn Synchronisation finden sich Wörter, die statt auf der ersten regelwidrig auf der letzten Silbe betont werden, zum Beispiel пах'нет ‘riecht’, выду'мал ‘hat ausgedacht’. Da im Russischen die Betonung von Vokalen immer auch eine Verlängerung bedeutet, werden infolge der Akzentverschiebung unbetonte Silben kürzer als betonte ausgesprochen. Eine ganze Reihe von Wörtern tragen regelwidrige doppelte Betonung: Nicht nur die in der russischen Standardsprache kodierte Silbe wird betont, sondern auch die für das Französische typische letzte, zum Beispiel in den Wörtern 'двига'тель ‘Motor’, поку'па'тель ‘Käufer’, 'яс'но ‘klar’, не 'лади'ли ‘haben sich nicht verstanden’, 'встре'ча ‘Treffen’und 'вы'слал ‘hat geschickt’. Analog zur Akzentverschiebung werden auch hier die zusätzlich betonten, das heißt die letzten Silben länger als in der russischen Standardsprache ausgesprochen.

Was die Intonation der Figur Tomber im Film Cars 2 betrifft, steht sie in der englischen und in der russischen Synchronisation im Kontrast zu den jeweiligen Standardsprachen. Die Mehrheit der Äußerungen von Tomber wird mit fallend steigender Intonation realisiert, was weder für das Englische noch für das Russische typisch ist. Die deutsche und die litauische Synchronisation hingegen weicht intonatorisch nicht von den jeweiligen standardsprachlichen Gepflogenheiten ab.

Auf der morpho-syntaktischen Ebene hervorzuheben ist die deutsche Synchronisation der Figur Tomber. Wie aus den Tabellen 7 und 8 zu entnehmen ist, setzt man in keiner anderen außer in der deutschen Sprachversion morpho-syntaktische Mittel ein, um den fremdsprachigen Akzent Tombers zum Ausdruck zu bringen beziehungsweise zu verstärken. In Tabelle 7 fehlt vor dem Substantiv der Artikel im Singular Akkusativ und die Dativendungen beim Adjektv und eventuell beim Substantiv, falls der Plural von Autos gemeint ist. Außerdem steht das Verb nicht an zweiter Stelle, was gegen die Syntaxregeln der deutschen Sprache verstößt. Im zweiten Satz fehlt das Pronomen es. Im dritten Satz nehmen beide Verben inkorrekte Stellung ein, vor dem Substantiv fehlt wieder der Artikel und die Präposition bei regiert Dativ, also sollte das Pronomen in der 2. Person Dativ (dir) sein und nicht im Akkusativ.

Tomber 00:52:15 – 00:52:28

EN

DE

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I never liked new car smell. Speaking of recalls, you're getting up there in mileage, aren't you, Finn?

Geruch von neue Auto ich habe nie gemocht. Apropos Not, wie ist bei dir? Geht noch ohne oder du musst haben Starterkabel bei dich.

Man niekada nepatiko naujų mašinų kvapas. Ką čia taisyti, tu jau toks senas, kad tavęs ir norėdamas nieks nepataisytų.

‘Mir hat der Geruch von neuen Autos nie gefallen. Was kann man da noch reparieren, du bist schon so alt, dass man dich beim besten Willen nicht reparieren kann.’

Кто-то заводской краской пахнет. Ты потускнел дружище, некто из нас новее не становится.

‘Jemand riecht nach Fabrikfarbe. Du bist verblasst, mein Freund, keiner von uns wird neuer.’

Tabelle 7: Französischer Akzent von Tomber in Cars 2 (00:52:15 – 00:52:28)

In Tabelle 8 gibt es wieder mehrere Verstöße gegen die Regeln der deutschen Standardsprache: Im ersten Satz fehlt vor dem Superlativ der bestimmte Artikel und im Relativsatz das Pronomen es. Im zweiten Satz werden statt in der deutschen Sprache üblicheren Zusammensetzungen Ölfilter und Radlager Nominalphrasen mit von gebildet, jedoch auch in diesem Fall mit inkorrektem Genus.

Tomber 00:52:35 – 00:52:41

EN

DE

LT

RU

Beuck! That is the worst motor ever made. Wait. That oil filter. Those wheel bearings.

Bäh. Das ist schlechteste Motor, was je gegeben hat. Warten Sie, das Filter von die Öl, der Lager von die Rad.

Ve, tai pats prasčiausias kada nors pagamintas variklis. Luktelkit, tie švaistikliai, dar tie stūmoklių žiedai.

‘Igitt, das ist der schlechteste je produzierte Motor. Warten Sie, die Kurbeln und noch die Kolbenringe.’

Ах, не чaсто вижу такой дрянной двигатель. Стойте, уплотнительные кольца, головки поршней.

‘Ah, nicht oft sehe ich so einen miesen Motor. Warten Sie, die Dichtungsringe, die Kolbenboden.’

Tabelle 8: Französischer Akzent von Tomber in Cars 2 (00:52:35 – 00:52:41)

Auch viele andere Äußerungen von Tomber sind in der deutschen Synchronisation grammatisch inkorrekt, andere Beispiele sind: Aber er immer macht Geschäfte über Telefon; Seit viele Jahre ich frage mich, warum er braucht so viel Teile; Jetzt ich weiß; […] sie nie kommen zusammen, aber sie haben eine geheime Treffen übermorgen. Das heißt, die morpho-syntaktischen Mittel spielen bei der Wiedergabe des französischen Akzentes in der deutschen Synchronisation im Unterschied zu den anderen untersuchten Sprachversionen eine zentrale Rolle.

Bei der Analyse der lexikalischen Ebene ist festzustellen, dass die Figur Tomber in keiner der untersuchten synchronisierten Filmversionen französische Lexik verwendet. Dagegen findet man ganze französische Phrasen in der Rede des britischen Agenten Finn McMissile. Außer dem Befehl, nach Paris zu fliegen (Tabelle 6), verwendet er ebenfalls Aufforderungen auf Französisch in der Szene, als beide Agenten und Hook den Informanten Tomber in eine Garage bringen um ihn zu befragen und unerwünschte Autos loswerden wollen (Tabelle 9).

Finn McMissile (00:51:59 - 00:52:03)

EN

DE

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Allez, maintenant vite!

Allez, hop dehors!

Ça va? Vite, vite iš čia!

Allez, maintenant vite!

Tabelle 9: Französischer Akzent von Finn McMissile in Cars 2 (00:51:59 - 00:52:03)

Auffällig ist dabei, dass, obwohl alle untersuchten Synchronisationen französische Phrasen verwenden, sich das deutsche und das litauische Synchronstudio für unterschiedliche Verbalisierungen entschieden haben, während die US-englische und die russische Filmversion übereinstimmen (Tabelle 9).

 

EN

DE

LT

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Phonetik

palatalisiertes /l/, zum Teil verlängerte Vokale, /z/ statt /ð/

stummes /h/, /⁠ʃ⁠/ statt /ç/

palatalisiertes /⁠ʃ⁠/, zum Teil verlängerte Vokale, stark gerolltes, apikales /r/

palatalisiertes /l/, /⁠ʃ⁠/ und /ʒ/, /ɪ/ statt /ɨ/, zum Teil verlängerte oder gekürzte Vokale, zum Teil stärker gerolltes, apikales /r/

Prosodie

Verschiebung der betonten Silben aufs Wortende, fallend-steigende Intonation

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zum Teil Verschiebung der betonten Silben aufs Wortende

zum Teil Verschiebung der betonten Silben aufs Wortende, fallend-steigende Intonation

Grammatik

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fehlende Artikel, Genusfehler, inkorrekte Endungen und Kasus von Pronomen, inkorrekte Satzgliedstellung

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Lexik

ganze Phrasen

ganze Phrasen

ganze Phrasen

ganze Phrasen

Tabelle 10: Sprachliche Mittel zur Wiedergabe des französischen Akzentes in Cars 2

Die akustischen verbalen Mittel zum Ausdruck des französischen Akzentes im Animationsfilm Cars 2 verallgemeinernd lässt sich sagen, dass phonetischen Mittel am stärksten in der russischen Synchronisation zum Einsatz kommen, gefolgt von der litauischen und der US-englischen Version (Tabelle 10). In der deutschen Synchronisation konnten nur zwei sehr deutliche phonetische Merkmale zur Wiedergabe des französichen Akzentes aufgezeigt werden. Auch von prosodischen Mitteln macht man in der deutschen Synchronisation kaum Gebrauch, während sich die Akzentverschiebung aufs Wortende in den anderen drei untersuchten Sprachversionen des Films als ein sehr produktives Mittel zur Wiedergabe eines französichen Muttersprachlers herausgestellt hat. Möglicherweise um die relativ spärlich genutzten phonetischen und prosodischen Mittel zur Kennzeichnung eines französischen Akzentes in der deutschen Synchronisation zu kompensieren, werden morpho-syntaktische Mittel herangezogen. Zu betonen ist, dass von allen vier untersuchten Synchronisationen nur in der deutschen die Figur Tomber grammatisch inkorrekte Äußerungen verwendet, und zwar eine ganze Reihe davon. Der eigentliche französische Muttersprachler Tomber verwendet in keiner der analysierten Filmversion französische Lexik, aber doch der Brite Finn McMissile. Er äußert ganze Phrasen auf Französisch.

5. Wiedergabe der slawischen Akzente

Mit slawischem Akzent sprechen im animierten Film Cars 2 Vertreter krimineller Gruppen. Nach Angaben von Pixar (http://pixar.wikia.com) hat die kriminelle Familie Hugos ihren Namen und das Aussehen von der als Yugo bekannten serbischen Automarke Zastava Koral, die im ehemaligen Jugoslawien produziert wurde. Visuell nonverbal wird also die slawische Herkunft der Hugos durch ihre Ähnlichkeit mit der jugoslawischen Automarke wiedergegeben. Der Kopf der kriminellen Familie ist Victor Hugo, die anderen arbeiten für ihn als Leibwächter. Fast alle Leibwächter außer Ivan sind schwarz. Ivan ist ein blauer Abschleppwagen, der sowohl als einer der Leibwächtern für Victor Hugo arbeitet als auch sein persönlicher Chauffeur ist und den Chef überall hinschleppt. Da der Name Ivan als ein typischer Name in slawischen Völkern gilt, ist er ein weiterer Indikator für die Herkunft der Filmfigur.

Das nächste personifizierte Auto, das zu den Antagonisten gehört und slawischer Herkunft ist, ist Vladimir Trunkov. Nach Angaben von Pixar (http://pixar.wikia.com) wurde er nach dem Modell ZAZ-968 Zaporozhets geschaffen. Diese Autos wurden ab 1958 in der ZAZ Autofabrik in der sowjetischen Ukraine gebaut. Nicht nur sein Modell sondern auch seine Farben zeugen visuell nonverbal davon, dass Vladimir Trunkov aus der Ukraine kommt, er ist nämlich hellblau und gelb nach den Farben der ukrainischer Flagge lackiert.

Akustisch verbal ist der slawische Akzent vor allem auf der phonetischen Ebene erkennbar. Als eines der deutlichsten Kennzeichen ist die Verlängerung von kurzen Vokalen hervorzuheben. Wie vorher schon erwähnt wurde, unterscheidet man im Russischen nicht zwischen langen und kurzen Vokalen. Die Vokallänge hängt von der Wortbetonung ab, indem betonte Vokale halblang ausgesprochen werden. Dies wirkt sich auch auf die Nachahmung des russischen Akzentes in allen untersuchten Filmversionen aus. Die standardsprachlich kurzen, aber betonten Vokale werden sowohl in der US-englischen (zum Beispiel in den Wörtern mess, in, big, professor, coming, insults, this is, assistance) als auch in der deutschen (Viktor, wann) und in der litauischen (akis ‘Auge’, Viktoras, gerai ‘gut’, čia ‘hier’, kada ‘wann’, privertei ‘hast gezwungen’, tavo ‘dein’) Synchronisation verlängert.

Einer der schwierigsten englischen Laute für Muttersprachler slawischer Sprachen ist der stimmhafte dentale Frikativ /ð/, deshalb wird er oft falsch ausgesprochen. Im untersuchten Film artikuliert man statt /ð/ oft den stimmhaften alveolaren Frikativ /z/, zum Beispiel in Wörtern wie the und this. Aber im Wort grandfather, das in einer Frage Ivans (01:10:36) vorkommt, wird /ð/ korrekt ausgesprochen [ˈɡrænfɑːðə]. Weiterhin fällt in der US-englischen Synchronisation ein stark gerolltes Zungenspitzen-R auf, zum Beispiel in den Wörtern Viktor, arrested, grandfather, road. Dies trifft auch für die deutsche Synchroniation zu, zum Beispiel in den Wörtern verhaften, wir, Ruhe, er, Großvater, hier, Party.

In der deutschen Synchronisation ist auf die Aussprache des stimmlosen palatalen Frikativs [ç] hinzuzuweisen. Gelegentlich wird er von Personen slawischer Herkunft als velarer Friktiv [x] artikuliert, zum Beispiel spricht Alexander Hugo schlecht als [ʃlɛxt] aus, wenn er über den als Ivan verkleideten Matter Er ist schlecht gelaunt sagt. Den gleichen phonetischen Fehler macht Alexander in der Verneinung nicht in seiner Frage, die in Tabelle 14 dargstellt ist. Genauso artikuliert Vladimir Trunkov die Verneinung nicht [nɪxt], als er auf die Frage Victor Hugos, ob der Big Boss schon angekommen ist, mit Nein, noch nicht antwortet. Allerdings ist die Aussprache des so genannten Ich-Lauts nicht homogen: Korrekte Artikulationen finden sind beispielsweise von Victor Hugo für das Pronomen mich [mɪç] in der in Tabelle 12 angeführten Frage oder von Vladimir Trunkov in seiner Phrase Ist nichts Persönliches.

Im Litauischen wird der lange geschlossene Vorderzungenvokal /e:/, der durch den litauischen Buchstaben <ė> schriftlich wiedergegeben wird, von vielen slawischen Muttersprachlern leicht diphtongisiert. Auch in der litauischen Synchronisation des untersuchten Zeichentrickfilms wird von dieser phonetischen Abweichung Gebrauch gemacht und der lange geschlossene Vokal /e:/ wird von Figuren slawischer Herkunft in Wörtern nerėk ‘schreie nicht’, pradėsim ‘[wir] werden anfangen’, nėra ‘es gibt nicht’ wie im russischen Wort нет ‘nein’ [nʲɛˑət] ausgesprochen. Fast in allen Fällen wird in der litauischen Synchronisation von Figuren slawischer Herkunft von Cars 2 das kurze offene /ɛ/ abweichend von der litauischen Standardsprache ausgesprochen: Meistens wird es leicht diphtongisiert, zum Beispiel in den Wörtern negaliu ‘[ich] kann nicht’, Gremlinas oder ne ‘nein’. Gelegentlich wird das kurze offene betonte /ɛ/ von Figuren slawischer Herkunft als palatalisiertes /a/ wie im russischen Wort пять ‘fünft’ ausgesprochen, zum Beispiel im litauischen Wort susems [su'sʲæms] ‘wird fangen’, senelis ‘Großvater’ [sɪ'nʲælɪs] oder die umgangsprachliche Fragepartikel ane [anʲæ]. Manchmal wird von den Sprechern slawischer Herkunft statt des kurzen offenen unbetonten /ɛ/ ein langes geschlossenes /e:/ artikultiert, zum Beispiel in den Wörtern lenkiuos ‘[ich] beuge mich’ und žemai ‘niedrig’. Auch bei der Aussprache anderer litauischer Vokale kommen bei den Figuren slawischer Herkunft Abweichungen vor: Das lange geschlossene /o:/ wird diphtongisert, zum Beispiel im Wort pasirodyti ‘sich zeigen’.

Außerdem wird der slawische Akzent in der litauischen Synchronisation des Zeichentrickfilms durch die Artikulation von Konsonanten wiedergegeben, und zwar durch die (Nicht-)Palatalisierung. Die durch die Buchstaben <ж, ц, ш> schriftlich wiedergegebenen Laute /ʒ/, /ʦ/ und /ʃ/ werden im Russischen nie palatalisiert, das heißt hart gesprochen. Im Litauischen können diese Laute, die durch die litauischen Buchstaben <ž, c, š> verschriftlicht werden, sowohl hart als auch weich ausgesprochen werden, je nachdem, ob ihnen ein Vokal der hinteren oder der vorderen Reihe folgt. Ebenfalls kann im Litauischen der Buchstabe <i> die Palatalisierung des davorstehenden Konsonanten markieren. Genau dieser Fall liegt beim Wort šiandien ‘heute’ vor, indem /ʃ/ mit slawischem Akzent hart ausgesprochen wird. Weitere Beispiele für regelwidrig hart ausgesprochene Frikative in der litauischen Synchronisation der Figuren slawischer Herkunft sind der Tabelle 11 zu entnehmen: be ryšio ‘komisch’, mašinos ‘Autos’ und bagažines ‘Kofferräume’.

Alexander Hugo 1:02:28 – 1:02:31

EN

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Gremlins. Man, those are some ugly cars. Look like someone stole their trunks.

Gremlins, Mann. Die sind schrecklich diese Autos. Sehen aus, als ob Kofferraum wäre abgefallen.

Gremlinai, ot be ryšio mašinos, a? Atrodo, lyg kažkas jam būtų pavogęs bagažines.

‘Gremlins, die Autos sind komisch, oder? Es scheint, als ob jemand ihnen die Kofferräume gestohlen hätte.’

Гремлины. Вот эти уродцы, да? Будто кто-то спёр багажник.

‘Gremins. Sind das Scheusale, oder? Als ob jemand ihnen den Kofferraum gestohlen hätte.’

Tabelle 11: Slawischer Akzent von Alexander Hugo in Cars 2 (1:02:28 – 1:02:31)

Von morpho-syntaktischen Mitteln zum Ausdruck des slawischen Akzentes wird genauso wie im Fall des französischen Akzentes nur in der deutschen Synchronisation Gebrauch gemacht. In dem in Tabelle 11 angeführten Beispiel fehlt im dritten Satz das Subjekt, im Nebensatz steht das finite Verb nicht an letzter Stelle und der bestimmte Artikel fehlt.

Victor Hugo 1:03:56 – 1:04:00

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Ivan, why do you insult me so by making me wait here?

Ivan, Ivan, warum du beleidigst mich so und lässt mich einfach hier warten?

Taip, tu mane privertei laukti. Tai įžūlu iš tavo pusės. ‘Ja, du hast mich zu warten gezwungen. Das ist dreist deinerseits.’

Иван, Иван, ты что это меня ждать заставляешь? Страх совсем потерял? ‘Ivan, Ivan, warum zwingst du mich zu warten? Hast du ganz die Angst verloren?’

Tabelle 12: Slawischer Akzent von Victor Hugo in Cars 2 (1:03:56 – 1:04:00)

In der Frage in Tabelle 12 gibt es in der deutschen Filmversion ebenfalls Wortfolgefehler, wobei die anderen Synchronisationen ohne mopho-syntaktische Abweichungen von den jeweiligen Standardsprachen wiedergegeben werden.

Ivan 1:10:34 – 1:10:36

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How is your grandfather?

Wie es geht deine Großvater?

Nu i[r] kaip daba[r] tavo senelis?

‘Na, wie ist denn jetzt dein Großvater?’

Как там ваш дедушка?

‘Wie ist denn Ihr Großvater?’

Tabelle 13: Slawischer Akzent von Ivan in Cars 2 (1:10:34 – 1:10:36)

Eine weitere grammatisch inkorrekte Wortstellung im Fragesatz ist der Tabelle 13 zu entnehmen. Daneben wird auch das Possessivpronomen in falscher Form gebraucht.

Alexander Hugo 1:10:42– 1:10:44

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You are not leaving, are you?

Du nicht wollen fahren, oder, Ivan?

Tu juk neketini išeiti, ane?

‘Du hast doch nicht vor, wegzugehen, oder?’

Уже уезжаешь, так скоро?

‘Fährst du schon weg, so schnell?’

Tabelle 14: Slawischer Akzent von Alexander Hugo in Cars 2 (1:10:42– 1:10:44)

Unbedingt zu erwähnen ist die Frage von Alexander Hugo, mit der er sich an den als Ivan verstellten Matter wendet (Tabelle 14). In diesem Beispiel verwendet er in der deutschen Synchronisation nicht nur eine regelwidrige Wortfolge, sondern auch den Infinitiv statt einer finiten Verbform. Wie in den vorher angeführten Beispielen verzichtet man in der US-englischen und in der litauischen Synchronisation auf die grammatische Kennzeichen des Akzentes, hier wird der slawische Akzent vor allem durch phonetische Mittel wiedergegeben.

 

EN

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Phonetik

verlängerte Vokale; /z/ statt /ð/; stark gerolltes Zungenspitzen-R

verlängerte Vokale; stark gerolltes Zungenspitzen-R;

[x] statt [ç] vor Vokalen der vorderen Reihe

verlängerte Vokale; Diphtongisierung von /e:/, /ɛ/ und /o:/; langes geschlossenes /e:/ statt kurzes offenes /ɛ/; nicht palatalisierte [ʒ], [ʃ], [t͡s], [tʃ] vor Vokalen der vorderen Reihe

Prosodie

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Grammatik

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Wortfolgefehler, inkorrekte Pronomenformen, Gebrauch von Infinitiven

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Lexik

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Tabelle 15: Sprachliche Mittel zur Wiedergabe des slawischen Akzentes in Cars 2

Aus der Analyse des slawischen Akzentes im Film Cars 2 geht hervor, dass die phonetischen Mittel zur Wiedergabe des slawischen Akzentes sowohl in der US-englischen als auch in der deutschen und in der litauischen Synchronisation dominieren (Tabelle 15). Besonders viele phonetische Abweichungen von der Standardsprache werden in der litauischen Synchronisation des analysierten Films eingesetzt. Bemerkenswert ist dabei, dass manche phonetischen Charakteristika, vor allem in der US-englischen und in der deutschen Synchronisation nicht konsequent eingesetzt werden. Diese inkonsistente Einsetzung von „verfremdenden Elementen“ sollte keine entscheidende Rolle spielen, „weil sich bei Performanzfehlern in der Fremdsprache dasselbe beobachten läßt“ (Herbst 1994, 125).

Nur das deutsche Synchronstudio hat sich dafür entschieden, den fremdsprachlichen Akzent slawischer Figuren auch auf der morpho-syntaktischen Ebene zu kennzeichnen. Bei der Analyse der Rede von Figuren slawischer Herkunft wurden weder auf der prosodischen noch auf der lexikalischen Ebene bedeutendere Abweichungen von den jeweiligen Standardsprachen festgestellt.

6. Wiedergabe des deutschen Akzentes

Im untersuchten animierten Film Cars 2 gibt es nur eine einzige Figur, die aus Deutschland kommt, und zwar Professor Zündapp. Er ist der zweite Hauptantagonist, ein verrückter Wissenschaftler und Waffendesigner, der, wie es sich später im Film herausstellt, für den Hauptantagonisten Sir Miles Axlerod arbeitet. Auf der visuellen nonverbalen Ebene signalisiert zunächst seine deutsche Herkunft sein Äußeres, er ist nämlich dem Modell Zündapp Janus nachempfunden. Von diesem Modell ist auch sein Name abgeleitet. Wie es auf der offiziellen Pixar-Seite (http://pixar.wikia.com) steht, ist sein Autokennzeichen BAD GA 58, was einerseits auf ihn als Antagonisten hindeutet (im Sinne von „bad guy“), andererseits die Heimatstadt Baden-Baden anzeigt. Die Ziffern bezeichnen das Baujahr, weil die Automarke Zündapp Janus in den Jahren 1957-1958 gebaut wurde. In der Szene, als Professor Zündapp kommt, um eine Ladung neuer Waffen zu überprüfen, erscheint 00:03:57 eine Suchanzeige mit seinem Photo, Namen und der Berufsbezeichnung „Waffendesigner“. Diese Angaben kann man zu der visuellen verbalen Information hinzurechnen, besonders in Bezug auf seinen Namen, denn Umlautbuchstaben sind eine schriftliche Besonderheit des Deutschen. Ansonsten gibt es keine weiteren visuellen Zeichen, die auf Deutschland oder deutschsprachige Länder referieren würden, so wie es bei der Analyse der italienischen oder französichen Akzente der Fall war.

Akustisch verbal soll wieder zuerst die phonetische Ebene untersucht werden. Bei der Analyse hat sich herausgestellt, dass weder in der US-englischen Originalversion noch in der litauischen Synchronisierung phonetisch markierte Äußerungen von Professor Zündapp festgestellt werden konnten. Selbstverständlich gibt es auch keine Abweichungen in der deutschen Synchronisation, da ja fast alle Figuren einschließlich Professor Zündapp in dieser Version Deutsch sprechen. Was aber die russische Synchronisation angeht, so gibt es in der Rede der untersuchten Figur eine ganze Reihe Abweichungen von der russischen Standardsprache, der deutsche Akzent ist also stark phonetisch markiert. Was zuerst auffält, ist die Aspiration von Plosiven, ein phonetisches Merkmal, das für deutsche Muttersprachler, die slawische Sprachen lernen, typisch ist. Im Standardrussischen gibt es keine Aspiration, aber in der Aussprache von Professor Zündapp werden die stimmlosen Plosive /p/, /t/ und /k/ deutlich aspiriert, zum Beispiel in den Wörtern потоке ‘Strom’, опасен ‘gefährlich’, агент ‘Agent’, телекамера ‘Telekamera’, антена ‘Antenne’, аргумент‘Argument’ und необрадует ‘wird nicht erfreuen’. Ein weiteres phonetisches Merkmal, das Deutsch von Russischen und anderen slawischen Sprachen unterscheidet, ist die Palatalisierung. Im Russischen werden nämlich fast alle Konsonanten sowohl in der palatalisierten (die so genannten weichen Konsonanten) als auch in der nicht palatalisierten Form (die so genannten harten Konsonanten) verwendet. Die Palatalisierung ist somit phonologisiert, das heißt bedeutungsunterscheidend. In der russischen Synchronisation palatalisiert Professor Zündapp vor allem den stimmhaften lateralen alveolaren Approximanten /l/, der im Deutschen beinahe in allen Posistionen gleich ausgesprochen wird. In Wörtern wie интересовался ‘hat sich interessiert’, передал ‘hat gegeben’, план ‘Plan’, убил ‘hat ermordert’oder луч ‘Strahl’ klingt also das /l/ viel weicher und somit fremdsprachig. Wie bei der Analyse des slawischen Akzentes schon erwähnt wurde, werden die russischen Laute /ʒ/, /ʦ/ und /ʃ/ nie palatalisiert. Der durch den Buchstaben <ж> schriftlich wiedergegebene stimmhafte postalveolare Frikativ sollte also in Wörtern wie ближе ‘näher’, может ‘kann’ oder желает ‘möchte’ hart ausgesprochen werden, wird aber in der russischen Synchronisation von Professor Zündapp weich artikuliert, das heißt palatalisiert.

Eine weitere Besonderheit des Russischen ist die Reduzierung und Veränderung der unbetonten Vokale. Besonders auffälig ist der Wechsel des unbetonten /o/ zu /a/. Auch im analysierten Zeichentrickfilm wäre zu erwarten, dass in der russischen Synchronisation das /o/ in unbetonter Position als /a/ ausgesprochen wird, aber in vielen Fällen wird von der Figur Professor Zündapp deutlich /o/ ausgesprochen, manchmal sogar mit Nebenbetonung: потоке ‘Strom’, опасен ‘gefährlich’, необрадует ‘wird nicht erfreuen’, остаётся ‘bleibt’, нужно ‘man muss’, второво ‘des zweiten’ und andere. Dennoch wird diese Abweichung nicht konsequent eingesetzt: Ungefähr die Hälfte der unbetonten /o/-Vokale wird gemäß den Ausspracheregeln des Russischen artikuliert, zum Beispiel in Wörtern верно ‘richtig’, концов ‘Enden’, процентов ‘Prozente’, воспользоваться ‘verwenden’, почему ‘warum’, это несложно ‘das ist nicht schwer’ und andere.

Auf der prosodischen Ebene wurden außer ein paar Betonungsabweichungen (in der russischen Synchronisation сдеˈлать statt ˈсделать ‘machen’ oder in der litauischen ˈtrūkuˈmą ‘Mangel’ deutlich mit Nebenbetonung) keine gravierenden Kennzeichen eines deutschen Akzentes festgestellt.

Die morpho-syntaktischen Mittel waren bei der Wiedergabe des deutschen Akzentes im Film nicht produktiv. Nur ein einziges Beispiel wurde gefunden, nämlich in der russischen Synchronisation, indem das Verb unflektiert, das heißt im Infinitiv gebraucht wird: неостоновить ‘nicht anhalten’ (siehe Tabelle 16).

Am stärksten offenbart sich der deutsche Akzent von Professor Zündapp in allen untersuchten Filmversionen auf der lexikalischen Ebene. In Tabelle 16 ist dargestellt, wie ganze deutsche Phrasen in allen untersuchten Versionen des Films Cars 2 übernommen werden. Auf den ersten Blick kann es erscheinen, dass die deutschen Phrasen, die in der englischen, litauischen und russischen Synchronisationen von Professor Zündapp geäußert werden, Verständnisschwierigkeiten verursachen könnten. Doch beim genaueren Betrachten ist ies nicht unbedingt der Fall, denn die deutschen Sätze werden im Weiteren paraphrasiert; außerdem ist das Substantiv Auto weitgehend bekannt.

Professor Zündapp 00:03:53 – 00:04:04

EN

DE

LT

RU

Was ist hier los? Zu viele Autos hier. Too many cars here. Out of my way.

Ah, yes. Very carefully. Sehr gut.

Was ist da für ein Durcheinander? Hier sind zu viele Autos. Räumt den Weg frei.

A ja, ganz vorsichtig. Sehr gut.

Was ist hier los? Zu viele Autos hier. Ko čia susigrūdot? Pasitraukit.

O taip, labai atsargiai. Sehr gut.

‘[...] Warum habt ihr hier euch so gedrängt? Zur Seite. Oh ja, sehr vorsichtig. [...]’

Was ist hier los? Zu viele Autos hier. Не толпитесь на дороге, а ну прочь!

Ах да, осторожнее. Sehr gut.

‘[...] Drängt euch nicht auf dem Weg, weg von hier! Oh ja, vorsichtiger. [...]’

Tabelle 16: Deutscher Akzent von Professor Zündapp in Cars 2 (00:03:53 – 00:04:04)

In der Szene (01:05:48 – 01:05:50), als der Antagonist Professor Zündapp zum Treffen von den im Film so genannten „Gurken“ kommt, begrüßt er alle auf Deutsch mit Guten Tag; das gilt sowohl für die US-englische Originalversion als auch für die litauische und die russische Synchronisation.

Professor Zündapp 00:07:38 – 00:07:43

EN

DE

LT

RU

Wunderbar! With Finn McMissile gone,

who can stop us now?

Wunderbar! Ohne Finn McMissile im Nacken, wer sollte uns da noch aufhalten können?

Wunderbar! Jie neteko Fino Raketos, jie bejėgiai prieš mus.

‘[...] Sie haben Finn McMissile verloren, sie sind machtlos gegen uns.’

Wunderbar! Вот и Макмисла нестало. Некто нас не остановить.

‘[...] Da jat man McMissile verloren. Niemand wird uns aufhalten.’

Tabelle 17: Deutscher Akzent von Professor Zündapp in Cars 2 (00:03:53 – 00:04:04)

Im Beispiel in Tabelle 17 ist zu sehen, dass das deutsche Wort wunderbar in allen Synchronisation gleichermaßen verwendet wird. Obwohl dieses Wort vielleicht nicht zu den bekanntesten deutschen Wörtern gehört, könnte man annehmen, das es aus dem Kontext und aus der visuellen Information relativ gut verstanden wird.

Professor Zündapp 00:32:12 – 00:32:18

EN

DE

LT

RU

That's him. He's the one. [...] Yes, sir.

 

Ja, Grem, der ist es. Leider ja.

Tai jis. Ieškosim jo. [...] Taip, pone.

‘Das ist er. Wir werden ihn suchen. [...] Ja, Herr.’

Also gut. Зто их агент.

[…] Jawohl.

‘[...]. Das ist ihr Agent. [...]’

Tabelle 18: Deutscher Akzent von Professor Zündapp in Cars 2 (00:32:12 – 00:32:18)

Obwohl in allen untersuchten Sprachversionen des Films der Gebrauch von deutschen Wörtern zu den beliebtesten Mitteln zur Wiedergabe des deutschen Akzentes gehört, muss noch gesondert auf die russische Synchronisation aufmerksam gemacht werden. Wie Tabelle 18 zeigt, werden in der russischen Synchronisation zusätzliche deutsche Wörter hinzugefügt, die in anderen Versionen des Films nicht gebraucht wurden.

Dass in der US-englischen und in der litauischen Synchronisation fast ausschließlich auf lexikalische Mittel zurückgegriffen wird, um den deutschen Akzent zum Ausdruck zu bringen, kann einerseits durch (Un-)Fähigkeiten der jeweiligen Synchronsprecher erklärt werden. Lippi-Green (1997: 84) und Bleichenbacher (2008: 60) weisen darauf hin, dass Lexik wohl die einfachste Möglichkeit ist, Fremdartigkeit zu markieren, denn es ist bedeutend leichter, Wörter oder Phrasen in unbekannter Sprache aufzusagen als einen ungeläufigen Akzent phonetisch zu imitieren.

 

EN

LT

RU

Phonetik

̶

̶

Aspiration von Plosiven, palatalisierter /l/ und /ʒ/, zum Teil unbetonter /o/ als /o/ statt /a/

Prosodie

̶

(+) Nur ein Wort mit Betonungsverschiebung auf die letzte Silbe

(+) Nur ein Wort mit Betonungsverschiebung auf die letzte Silbe

Grammatik

̶

̶

(+) Nur ein redelwidrig unflektiertes Verb

Lexik

ganze Phrasen

ganze Phrasen

ganze Phrasen

Tabelle 19: Sprachliche Mittel zur Wiedergabe des deutschen Akzentes in Cars 2

Den deutschen Akzent im Zeichentrickfilm Cars 2 verallgemeinernd lässt sich sagen, dass nur in der russischen Synchronisation zu phonetischen Mitteln gegriffen wird, um die Figur als deutschsprachig zu markieren. Einige phonetische Merkmale wie die Aussprache des unbetonten /o/ werden nicht konsequent eingesetzt. Ansonsten dominieren zum Ausdruck des deutschen Akzentes sowohl in der US-englischen als auch in derd litauischen und der russischen Version lexikalische Mittel.

7. Schlussfolgerungen

Die Untersuchung des Zeichentrickfilms Cars 2 und seine deutschen, litauischen und russischen Synchronisation hat gezeigt, dass die meisten Filmfiguren aus Italien kommen und dementsprechend entweder mit einem starken italienischen Akzent oder gar auf Italienisch (Mama Topolino, Luigi) sprechen. Es gibt Figuren, die aus Deutschland, Frankreich und aus slawischen Ländern kommen und entsprechende Akzente aufweisen. Alle Figuren im Film, die in der US-englischen Originalversion mit einem fremdsprachlichen Akzent synchronisiert werden, werden auch in den anderen untersuchten Synchronisationen mit Akzent eingesprochen. Jedoch sind die fremdsprachlichen Akzente nicht in allen analysierten Synchronisationen auf den gleichen Sprachebenen zu bemerken. Zu den produktivsten sprachlichen Mitteln zählen für die Wiedergabe von fremdsprachlichen Akzenten der Figuren in den US-englischen, litauischen und russischen Synchronisationen die phonetischen und die prosodischen. Der italienische und der französische Akzent werden in allen untersuchten Sprachfassungen mit phonetischen und prosodischen Mitteln wiedergegeben.

Was die morpho-syntaktische Ebene betrifft, wurde festgestellt, dass in der US-englischen Originalversion des Films Cars 2 keine von den untersuchten Figuren fremder Herkunft grammatisch regelwidrige Äußerungen verwendet werden. Demgegenüber werden in der deutschen, litauischen und russischen Synchronisation morphologisch und syntaktisch inkorrekte Äußerungen eingesetzt, vor allem zur Markierung des italienischen Akzentes. Insbesondere fällt auf, dass in der deutschen Synchronisation die grammatischen Mittel am häufigsten gebraucht werden, und zwar zur Kennzeichnung sowohl des italienischen als auch des französischen und des russischen Akzentes.

Die lexikalischen Sprachmittel werden im analysierten Film sehr gerne zur Verstärkung des italienischen und des deutschen Akzentes in allen untersuchten Synchronisationen eingesetzt, während nur einzelne Wörter zur Kennzeichnung von Französisch Sprechenden und gar keine zur Markierung von Figuren slawischer Herkunft benutzt wurden.

Bemerkenswert ist auch, dass nur in der russischen Synchronisation zur Markierung der Figur deutscher Herkunft sowohl phonetische als auch prosodische und lexikalische Mittel verwendet werden. Im Unterschied dazu wird dieser Akzent in der US-englischen und in der litauischen Filmversion ausschließlich mit Hilfe von Lexik angezeigt.

Allerdings werden linguistische Merkmale zur Kennzeichnung der Fremdheit nicht immer konsequent eingesetzt. Dies bestätigt die in anderen Forschungen festgestellte Tatsache, dass in Filmen Akzente nicht wirklichkeitsgetreu dargestellt werden: “[T]he focus is not on how ‘real’ or ‘authentic’ the analysed scripted dialogue is, but rather on how characters are established as stylised representations of particular social identities and on how narrative personae are constructed with recourse to stereotypes shared by audiences.” (Bednarek 2012: 201-202).

Neben den akustischen verbalen Mitteln wird für die Charakterisierung der Figuren fremder Herkunft im animierten Film Cars 2 auch von visuellen nonverbalen Mitteln Gebrauch gemacht. Erstens signalisieren die Automarken, die als Muster für personifizierte Autos im Film dienen, die Herkunftsländer der Filmfiguren. Zweitens werden bei der Gestaltung der Figuren Francesco Bernoulli und Vladimir Trunkov die Farben der entsprechenden Nationalflaggen benutzt, um auf die nationale Zugehörigkeit hinzuzuweisen. Neben dem Äußeren deutet auch das stereotype, für bestimmte Völker typische Benehmen der Figuren auf ihre nationale Zugehörigkeit hin, wie im Fall von Francesco Bernoulli. Nicht nur die Figuren selbst, sondern auch ihre Umgebung, zum Beispiel bekannte Sehenswürdigkeiten gehören zu visuellen nonverbalen Indizien für ein bestimmtes Land; in Cars 2 wird in dieser Weise auf Italien und auf Frankreich referiert. Schließlich werden visuelle verbale Mittel ausgenutzt, um auf das Herkunftsland der Figuren hinzuzuweisen, und zwar mittels Untertiteln bei Francesco Bernoullis Fernsehauftritt. Akustisch nonverbal trägt die Musik zur Charakterisierung der Figuren bei und akustisch verbal spielen zur Schaffung einer bestimmten nationalen Atmosphäre neben der Figurenrede auch die vorkommenden Liedtexte eine Rolle.

Literatur

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Filme

Cars 2 (2011), DVD. Sprachen: Deutsch, Englisch, Türkisch. Walt Disney. (Regie John Lasseter, Brad Lewis), USA.

Cars 2 (2011), DVD. Sprachen: Lettisch, Russisch, Litauisch, Englisch. Walt Disney Home Video (Regie John Lasseter, Brad Lewis), USA.

About the author(s)

Danguolė Satkauskaitė - professor and head of the Institute of Languages, Literature and Translation Studies at Kaunas Faculty of Vilnius University. She was one of the developers of the BA study programme of Audiovisual Translation which has been successfully implemented since 2012 as well as MA of Audiovisual Translation which has been implemented since 2016. Her main scientific interests include audiovisual translation, especially dubbing and translation of varieties, linguistic pragmatics, semantics.

Eglė Alosevičienė was born 1979 in Kaunas, Lithuania. She studied German philology and linguistics at the Vytautas Magnus University and at the Vilnius University, Lithuania. She has a PhD in the Humanities. Her main research interest is Audiovisual Translation, especially the translation of Culture-Bound Items. In the moment she is teaching German at the Vilnius University in Kaunas.

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©inTRAlinea & Danguolė Satkauskaitė and Eglė Alosevičienė (2019).
"Fremdsprachliche Akzente im Animationsfilm Cars 2:"
inTRAlinea Special Issue: The Translation of Dialects in Multimedia IV
Edited by: Klaus Geyer & Margherita Dore
This article can be freely reproduced under Creative Commons License.
Stable URL: https://www.intralinea.org/specials/article/2464

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